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NEUROLEPTIKUM RISPERIDON (RISPERDAL):
SELTENER EXTRAPYRAMIDALE EFFEKTE?

Antipsychotika blockieren Dopamin-D2-Rezeptoren im Gehirn. Das zur neuen Klasse der Benzisoxazol-Derivate gehörige Risperidon (RISPERDAL) bindet außerdem – wie Clozapin (LEPONEX) und Thioridazin (MELLERIL) – an Serotonin-Rezeptoren. Von dieser Eigenschaft erhofft man sich einen besseren Effekt auf "negative" Schizophrenie-Symptome und weniger extrapyramidale Störwirkungen.1

KLINISCHE STUDIEN: In Doppelblindstudien an über 2000 Schizophrenen bessert Risperidon nach verschiedenen Skalen eingeschätzte Krankheitssymptome genausogut wie Vergleichsmedikamente (meist Haloperidol [HALDOL u.a.]) und signifikant besser als Plazebo.1 Unklar bleibt, ob Risperidon tatsächlich – wie vom Hersteller behauptet – stärker als andere Neuroleptika auf "Minussymptome" wie abgestumpfte Affekte, Mangel an Spontaneität oder emotionalen Rückzug wirkt.1,2 Eine kleine kontrollierte Untersuchung an 44 Patienten deutet auf Besserungen bei sonst kaum oder gar nicht auf Behandlung ansprechenden chronisch Schizophrenen.1 Kontrollierte Untersuchungen zum Langzeitnutzen über sechs bis acht Wochen hinaus fehlen.3

STÖRWIRKUNGEN: Täglich 4-8 mg Risperidon sollen weniger extrapyramidale Bewegungsstörungen wie Zittern oder erhöhten Muskeltonus als 20 mg Haloperidol verursachen, doch geht dieser Unterschied bei höheren Dosen verloren.2 Auch sind 4 bis 8 mg Risperidon möglicherweise nicht dosisäquivalent mit 20 mg Haloperidol.

Mit Neuroleptika-typischen unerwünschten Wirkungen wie Gewichtszunahme, Prolaktinanstieg mit Menstruationsstörungen bzw. Gynäkomastie und Libidoverlust ist zu rechnen.1 Auch schwerwiegende Zwischenfälle wie Suizidversuche, malignes neuroleptisches Syndrom, Krampfanfälle (0,3%), Priapismus und Photosensibilisierung sind dokumentiert.3,4 Wegen proarrhythmischer Effekte (QT-Verlängerung) und orthostatischer Hypotonie empfiehlt sich Zurückhaltung bei Herzkranken.3 Spätdyskinesien können wegen fehlender Langzeiterfahrungen nicht ausgeschlossen werden.5

DOSIS UND KOSTEN: Die Behandlung beginnt einschleichend mit 2 x 1 mg, 2 x 2 mg und 2 x 3 mg an den ersten drei Tagen. Weitere Dosiserhöhungen um jeweils 1 mg pro Einzeldosis sind ggf. in einwöchigen Abständen vorzunehmen, da erst nach dieser Zeit der Hauptmetabolit von Risperidon, der zur Wirkung beiträgt, das Fließgleichgewicht (steady state) erreicht hat. Die durchschnittliche Tagesdosis von 6 mg kostet etwa das Fünf- bis Sechsfache von 20 mg Haloperidol (s. Kasten). 16 mg Risperidon täglich sollten nicht überschritten werden. Ältere und Patienten mit Nieren- oder Leberkrankheiten erhalten anfangs 2 x täglich 0,5 mg, ggf. wird schrittweise bis auf 2 x 2 mg erhöht.1,6

FAZIT: Das Benzisoxazol-Derivat Risperidon (RISPERDAL) bessert schizophrene Symptome offenbar vergleichbar wie etablierte Neuroleptika. Ein klinisch relevanter Vorteil der teuren und wenig erprobten Neuerung gegenüber Standardpräparaten wie Haloperidol (HALDOL u.a.) läßt sich anhand der vorliegenden Daten nicht belegen.


© 1994 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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