Neben Diabetes mellitus und Makuladegeneration (Seite 84) ist das Offenwinkelglaukom (Glaukoma simplex) in unseren Breiten häufigste Ursache
für Sehverlust und Blindheit. 1% bis 2% der über 50-jährigen und 2% bis 3% der über 70-jährigen sind betroffen. Das Glaukom ist zwar ein
multifaktorielles Geschehen, doch gilt zu hoher Augeninnendruck als Hauptursache. Mittlerweile ist ein halbes Dutzend Gene identifiziert,1 die die
familiäre Disposition erklären könnten. So erhöhen Glukokortikoide den Augeninnendruck vorwiegend über vermehrte Produktion von
Myocilin, einem Glykoprotein, das normalerweise bei Stress vermehrt im Auge exprimiert wird. 5% genetisch besonders Prädisponierte (z.B. mit Mutationen im
Myocilin-Gen) reagieren auf Dexamethason-Augentropfen mit exzessivem Druckanstieg.2 Glukokortikoide unterdrücken auch die Expression der
Cyclooxigenase Typ 2 (Cox-2), die die Biosynthese der Prostaglandine im Entzündungsgeschehen, Zentralnervensystem, in den Nieren u.a. steuert (vgl. a-t 1999; Nr. 12: 123-4).
Nicht selektive Cyclooxigenasehemmer wie Azetylsalizylsäure (ASPIRIN u.a.) sollen den Augeninnendruck nicht beeinflussen.3 Bislang war nicht
bekannt, welches Isoenzym der Cyclooxygenase im Ziliarkörper des menschlichen Auges die endogene Prostaglandinsekretion steuert. Jüngste
Erkenntnisse lassen aufhorchen:4,5 Cox-1 und Cox-2 sind konstitutiv in den nicht pigmentierten Epithelzellen des Ziliarkörpers vorhanden. Beim
Offenwinkelglaukom wird beobachtet, dass Cox-2 (nicht aber Cox-1) im Ziliarkörper abnimmt oder fehlt. Das Cox-2-Gen ist in unmittelbarer Nähe des
Myocilin-Gens lokalisiert.
Die Hypothese liegt nahe, dass die Cyclooxigenase in der Pathogenese des Offenwinkelglaukoms eine wichtige Rolle spielt. Da kontrollierte Studien zum
Augeninnendruck unter Therapie mit Cox-2-Hemmern fehlen, Einzelbeobachtungen aber auf eine (nach Absetzen langsam reversible)
Augeninnendruckerhöhung hinweisen, ist Vorsicht geboten.6 In deutschsprachigen Fachinformationen (CH, D) fehlen Hinweise auf die mögliche
Störwirkung. In der US-Produktinformation von Celecoxib (CELEBREX) wird jedoch Glaukom als Nebenwirkung genannt.
FAZIT: Die Auswirkungen der Cox-2-Hemmung, auch auf den Augeninnendruck, lassen sich noch nicht überschauen. Unseres Erachtens ist erhöhte
Vorsicht geboten, insbesondere bei Kombination von Cox-2-Hemmern mit Glukokortikoiden, bei Glaukompatienten bzw. positiver Familienanamnese für ein
Glaukom. Wir bitten um Mitteilung, falls ein Anstieg des Augeninnendrucks in Verbindung mit Cox-2-Hemmern festgestellt wird.
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