ERHÖHTES FRAKTURRISIKO UNTER GLITAZONEN - EIN KLASSENEFFEKT?
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Wenige Wochen nachdem GlaxoSmithKline (GSK) in den USA vor erhöhtem Frakturrisiko bei Frauen unter Langzeiteinnahme von Rosiglitazon (AVANDIA) warnen musste (a-t 2007; 38: 32), folgt jetzt Takeda mit einer entsprechenden Warnung US-amerikanischer Ärzte für das verwandte Pioglitazon (ACTOS) (1,2). Eine Analyse der Daten von etwa 16.000 Patienten aus klinischen Studien, in denen das Glitazon bis zu dreieinhalb Jahre lang eingenommen und mit Plazebo oder anderen Antidiabetika verglichen wurde, ergibt für Frauen eine Frakturinzidenz von 1,9/100 Patientenjahre unter Pioglitazon im Vergleich zu 1,1 in den Kontrollgruppen. Wie bei Rosiglitazon sind vor allem die Extremitäten betroffen. Für Männer sollen beide oralen Antidiabetika kein erhöhtes Risiko erkennen lassen (1,2). Wie GSK in seinem mittlerweile versendeten Rote-Hand-Brief zu Rosiglitazon (3) behauptet auch Takeda, dass die Ursachen der vermehrten Knochenbrüche nicht bekannt seien (1). Dies trifft nicht zu: Der Befund ist durchaus mit dem Wirkmechanismus der Glitazone vereinbar, die den Zellkernrezeptor PPAR-gamma aktivieren, der auch im Knochen vorkommt. Der PPAR-gamma-Agonist Rosiglitazon beeinträchtigt in vitro und in Tierversuchen mit Nagern die Knochenneubildung. Pioglitazon hat nach spärlichen präklinischen Daten vergleichbare Knocheneffekte. Für Rosiglitazon ist zudem im randomisierten Plazebovergleich mit 50 gesunden postmenopausalen Frauen bereits nach 14-wöchiger Einnahme von täglich bis zu 8 mg eine Abnahme der Serumkonzentrationen von Markern der Knochenneubildung und der Knochendichte an der Hüfte dokumentiert (4). Selbst Börsenanalysten betonen "die seit Langem etablierte wissenschaftliche Erkenntnis, dass PPAR-gamma-Aktivierung die Knochenmasse negativ beeinflusst" (2). Ob und in welcher Form die Fachkreise hierzulande über das erhöhte Frakturrisiko in Verbindung mit Pioglitazon informiert werden, wird derzeit mit der europäischen Arzneimittelbehörde (EMEA) abgestimmt (5). Bei Rosiglitazon lagen zwischen der Warnung US-amerikanischer Ärzte und ihrer deutschen Kollegen rund zwei Wochen. |
1 | Takeda (USA): Dear Healthcare Provider Letter, 9. März 2007 |
2 | Scrip 2007; Nr. 3241: 20 |
3 | GlaxoSmithKline: Rote-Hand-Brief vom 7. März 2007 |
4 | GREY, A. et al.: J. Clin. Endocrin. Metab., published online 30. Jan. 2007 |
5 | Takeda (Deutschland): Schreiben vom 15. März 2007 |
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blitz-a-t 15. März 2007 |
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