logo
logo
Die Information für medizinische Fachkreise
Neutral, unabhängig und anzeigenfrei
vorheriger Artikela-t 2009; 40:75nächster Artikel
Korrespondenz

NEUER INTRADERMALER GRIPPEIMPFSTOFF INTANZA

Durch die Außendienstmitarbeiter der Firma Sanofi-Pasteur wird der Influenzaimpfstoff INTANZA und die neuartige Verabreichungsform beworben. Welche Informationen können Sie hierzu geben?

Dr. med. W. SCHÖTZ (Facharzt für Allgemeinmedizin)
D-54296 Trier-Tarforst
Interessenkonflikt: keiner

Der Grippeimpfstoff INTANZA wird mit einer nur 1,5 mm langen Mikrokanüle in die Dermis gespritzt. Dies soll eine stärkere Immunantwort auslösen als die übliche intramuskuläre Injektion. Die neue Vakzine ist in zwei verschiedenen Dosierungen zugelassen: 9 µg Hämagglutinin (HA) pro Stamm für Erwachsene unter 60 Jahren und 15 µg HA pro Stamm für Ältere.1 Wie bei den anderen saisonalen Grippeimpfstoffen entspricht die Zusammensetzung von INTANZA den aktuellen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Laut Europäischem Beurteilungsbericht sind in vier zulassungsrelevanten randomisierten Studien2-5 mehr als 8.000 Personen untersucht.1 Primärer Endpunkt ist jeweils die mittels Hämagglutinationshemmtest bestimmte Immunantwort.1 Als Kontrolle dient ein herkömmlicher, ebenfalls von Sanofi Pasteur stammender i.m.-Grippeimpfstoff, der 15 µg HA pro Stamm enthält.1

Bei 18- bis 59-Jährigen wirken 9 µg HA/Stamm intradermal ähnlich immunogen wie die Kontrollvakzine. Ältere erreichen unter der höheren Dosis im Vergleich zur Kontrollgruppe häufiger (56% bis 93% versus 49% bis 88%) einen als protektiv geltenden Antikörpertiter von mindestens 1 : 40. Höhere mittlere Antikörpertiter werden bei ihnen ebenfalls nachgewiesen. Die klinische Relevanz dieser Unterschiede beurteilt die Europäische Arzneimittelbehörde EMEA aber als fraglich.1 Dennoch wird versucht, den Impfstoff für die "Generation 60+" zu profilieren.6 Daten zum Einfluss auf Morbidität und Mortalität fehlen.

Die intradermale Injektion wird deutlich schlechter vertragen als die intramuskuläre: Bei Personen ab 60 Jahren kommt es etwa drei- bis viermal häufiger und meist ausgeprägter zu Rötung (72% vs. 16%), Schwellung (39% vs. 10%), Verhärtung (41% vs. 13%) und Juckreiz (29% vs. 7%). Unter 60-Jährige vertragen INTANZA noch schlechter. Systemische Nebenwirkungen unterscheiden sich nicht.1 Personen mit Gerinnungsstörungen, bei denen die i.m.-Impfung relativ kontraindiziert ist, waren von den Studien ausgeschlossen.3-5,7

INTANZA wird schon seit Längerem in redaktionellen Beiträgen beworben, beispielsweise in der Ärzte Zeitung.8 Trotz mehrfacher Anfragen teilt uns Sanofi Pasteur bis Redaktionsschluss weder das vorgesehene Datum der Markteinführung noch die Preise mit. Da keine bessere klinische Wirksamkeit der intradermalen Injektion gegenüber der intramuskulären belegt ist und lokale Störwirkungen mehrfach häufiger auftreten, sehen wir keine Anwendungsnische für die intradermale Variante, -Red.

  (R = randomisierte Studie)
 1 EMEA: Europ. Beurteilungsbericht (EPAR) INTANZA, Stand 11. Mai 2009
http://www.emea.europa.eu/humandocx/Humans/EPAR/intanza/intanza.htm
R2 LEROUX-ROELS, I. et al.: Vaccine 2008; 26: 6614-9
R3 HOLLAND, D. et al.: J. Infect. Dis. 2008; 198: 650-8
 4 http://www.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT00383526
 5 http://www.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT00383539
 6 SIEBENAND, S.: Pharm. Ztg. 2009; 154: 2508-10
 7 http://www.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT00258934
 8 Ärzte Zeitung vom 5. Mai 2009

© 2009 arznei-telegramm, publiziert am 1. August 2009

Autor: angegebene Leser bzw. Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

Diese Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit Genehmigung des arznei-telegramm® gestattet.