Gigantische Strafzahlungen für Pharmahersteller in den USA
Wegen unethischer Vermarktungsstrategien oder schlampiger Produktion zahlen Pharmahersteller in den USA immer häufiger beträchtliche Strafen, beispielsweise Eli Lilly im Jahr 2009 umgerechnet mehr als eine Milliarde Euro nach illegaler Propagierung des Off-label-Gebrauchs des Neuroleptikums Olanzapin (ZYPREXA; a-t 2009; 40: 22-3) und Pfizer sogar über 1,6 Milliarden Euro* nach illegalen Marketingpraktiken einschließlich Schmiergeldzahlungen (a-t 2009; 40: 109). In den beiden letzten Monaten wird gleich über mehrere Strafzahlungen berichtet: So muss die Firma Allergan 430 Mio. Euro zahlen, weil sie den Off-label-Gebrauch von Botulinumtoxin (BOTOX) propagiert hatte (Scrip 2010; Nr. 3514: 24). Bayer kosten falsche bzw. irreführende Werbebehauptungen für ein selenhaltiges Multivitaminprodukt, das das Risiko von Prostatakrebs verringern soll, 2,4 Mio. Euro (TERRY, L.: The Oregonian, 26. Okt. 2010). In einer großen Studie ließ sich eine solche Risikominderung nicht bestätigen (a-t 2008; 39: 123-4). Der GlaxoSmithKline-Konzern muss 535 Mio. Euro aufwenden, weil in seinem inzwischen geschlossenen Werk Cidra in Puerto Rico wiederholt verunreinigte und nicht der Deklaration entsprechende Arzneimittel produziert worden sind (Pharmariese GlaxoSmithKline muss büßen. FAZ.NET, 27. Okt. 2010). Novartis hat 300 Mio. Euro zu berappen, unter anderem wegen Off-label-Vermarktung des Antiepileptikums Oxcarbazepin (TRILEPTAL, Generika) und illegaler Kickbackzahlungen** an Fachkreise (New York Times vom 30. Sept. 2010). Obwohl Firmen wiederholt zur Kasse gebeten worden sind, zeichnet sich keine Verhaltensänderung ab. Die Zahlungen scheinen in die allgemeinen Betriebskosten einkalkuliert zu werden. Dies könnte Strafverfolger dazu bringen, demnächst direkt gegen die Verantwortlichen in den Firmen vorzugehen (JACK, A.: Drugmakers face rising fines and sentences. Financial Times, 27. Okt. 2010). In Australien dürften Pharmahersteller Strafzahlungen aus der Portokasse begleichen können. Üblicherweise liegen diese dort zwischen 3.500 und 70.000 Euro (Australian Prescriber 2009; 32: 160-1). In Deutschland haben Firmen keine relevanten Strafzahlungen zu befürchten, -Red.
* | Alle Strafzahlungen von US- bzw. AU-Dollar auf Euro umgerechnet. |
** | Kickback sind Rückvergütungen, mit denen z.B. Pharmafirmen Ärzte am Umsatz der von ihnen verordneten Arzneimittel beteiligen. |
© 2010 arznei-telegramm, publiziert am 5. November 2010
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