Thromboembolieprophylaxe bei internistischen Patienten
Die Datenlage zur Thromboembolieprophylaxe bei stationären Patienten mit internistischen Erkrankungen ist verglichen mit der bei chirurgischen Patienten dürftig. Eine 2007 durchgeführte systematische Übersicht fand bei gepoolter Auswertung von neun randomisierten Studien lediglich eine absolute Reduktion des Lungenembolierisikos durch Antikoagulanzien um 0,3% (a-t 2008; 39: 47-8). Im Rahmen der Aktualisierung einer US-amerikanischen Leitlinie erscheint jetzt eine neue systematische Übersicht zum Nutzen von Heparinen und mechanischen Verfahren zur Thromboembolieprophylaxe bei hospitalisierten nicht-chirurgischen Patienten. 18 Studien mit etwa 36.000 Patienten, darunter auch Schlaganfall-, nicht aber Infarktpatienten, vergleichen Heparine mit Plazebo oder Nichtbehandlung. Lungenembolien werden relativ um 30% reduziert (p = 0,001). Es sind seltene Ereignisse, sodass pro 1.000 Patienten nur drei verhindert werden. Die relative Reduktion der Mortalität um 7% erreicht fast die Signifikanzgrenze (p = 0,056). Pro 1.000 Patienten könnten sechs Todesfälle weniger auftreten. Symptomatische tiefe Venenthrombosen werden nicht vermindert. Blutungen nehmen signifikant zu, insgesamt um 28% (9 pro 1.000 Patienten), schwere um 61% (4 pro 1.000 Patienten). In den acht Studien mit Schlaganfallpatienten findet sich kein signifikanter Einfluss auf symptomatische Venenthrombosen und Mortalität, und im Gegensatz zu einem Cochrane Review ist auch die Minderung von Lungenembolien um 3 pro 1.000 Patienten nicht signifikant. Schwere Blutungen sind dagegen um 66% häufiger (p = 0,002; 9 pro 1.000 Patienten). In den Studien ohne Schlaganfallpatienten wird nur die Lungenembolierate um 31% gesenkt (p = 0,006; 4 pro 1.000 Patienten), Blutungen insgesamt nehmen signifikant um 34% zu (9 pro 1.000 Patienten). Mechanische Maßnahmen wie Kompressionsstrümpfe bleiben in drei Studien ohne Effekt (vgl. a-t 2009; 40: 65-6; LEDERLE, F.A. et al.: Ann. Intern. Med. 2011; 155: 602-15/ati-d). Eine aktuelle randomisierte Doppelblindstudie mit 8.307 überwiegend asiatischen Patienten vergleicht täglich 40 mg Enoxaparin (CLEXANE) subkutan über im Mittel zehn Tage erneut mit Plazebo. Die stationären Patienten leiden vorwiegend an akuter Herzinsuffizienz (31%) oder schweren Infektionen (57%). Alle sind mit angepassten Kompressionsstrümpfen versorgt. Enoxaparin hat keinen Einfluss auf die Mortalität nach 30 Tagen (4,9% versus 4,8%, p = 0,83) oder 90 Tagen (8,4% vs. 8,6%; p = 0,71). Für symptomatische tiefe Venenthrombosen (0,2% vs. 0,1%) und schwere Blutungen (0,4% vs. 0,3%) finden sich ebenfalls keine Unterschiede. Leichte Blutungen sind unter Enoxaparin geringfügig häufiger als unter Plazebo (1,8% vs. 1,1%; p = 0,02; KAKKAR, A.K. et al.: N. Engl. J. Med. 2011; 365: 2463-72). Beide Untersuchungen belegen nochmals, dass eine Thromboembolieprophylaxe mit Heparinen bei internistischen Patienten keinen sicheren Einfluss auf die Mortalität hat und nur von geringem klinischen Nutzen ist, die Rate auch schwerer Blutungen aber erhöhen kann, –Red.
© 2012 arznei-telegramm, publiziert am 13. Januar 2012
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