logo
logo
Die Information für medizinische Fachkreise
Neutral, unabhängig und anzeigenfrei
vorheriger Artikela-t 1991; Nr. 7: 63-4nächster Artikel
Nebenwirkungen

FLECAINID (TAMBOCOR):
STÖREFFEKTE AN LUNGEN, AUGEN UND ANDEREN ORGANEN

Plötzliche Todesfälle und lebensbedrohliche proarrhythmische Ereignisse (a-t 5 [1984], 38) in Verbindung mit dem Antiarrhythmikum Flecainid (TAMBOCOR) führten zur Indikationseinschränkung auf lebensbedrohliche Kammerarrhythmien (vgl. a-t 5 [1989], 51; 6 [1989], 56). In der CAST-Studie (Cardiac Arrhythmia Suppression Trial) war die Sterblichkeit von Infarktpatienten mit ventrikulären Arrhythmien ohne oder mit nur geringen Symptomen unter Flecainid bzw. Encainid (hierzulande nicht im Handel) mehr als doppelt so hoch wie unter Plazebo.1,2

Das britische Committee on Safety of Medicines macht auf extrakardiale Störwirkungen von Flecainid aufmerksam: Von sechs neurologischen Reaktionen, die innerhalb von 5 bis 28 Monaten nach Einnahmebeginn auftraten, betreffen vier Patienten mit sensorischer Neuropathie und zwei mit Ataxie. Nach Absetzen besserten sich die Symptome nur teilweise. Drei Personen entwickelten Lungenfibrose bzw. Pneumonitis. Zwei hatten Flecainid länger als 15 Monate eingenommen.3

Auch aus Frankreich5 und Belgien6 wird über Flecainid-assoziierte Pneumonitiden nach rund einjähriger Einnahme des Antiarrhythmikums berichtet. Bei einem Patienten bildeten sich die interstitiellen Verschattungen in der Lunge zehn Wochen nach Absetzen von Flecainid zurück.5 Der andere Patient verstarb trotz umfangreicher therapeutischer Bemühungen. Im Gewebe von Leber und Lunge fanden sich zwei Monate nach Absetzen des Antiarrhythmikums meßbare Flecainid-Konzentrationen, die auf eine mögliche Kumulation als Ursache der Lungentoxizität hinweisen.6

Bis zu rund ein Viertel der Patienten entwickelt unter Flecainid Sehstörungen. Es wird empfohlen, die Augen regelmäßig auf Ablagerungen zu prüfen4: Bei zwei Personen fanden sich nach 4- bzw. 15monatiger Einnahme Ablagerungen in der Hornhaut des Auges. Bei einem deutet die chromatographische Analyse darauf hin, daß es sich um eine Flecainidverbindung handelt.3,4

Von 24 Berichten, die unserem NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION in Verbindung mit Flecainid zugingen, entfallen 11 auf kardiale Komplikationen, davon 7 tödliche (NETZWERK-Fälle 2569, 3165, 3182, 3183, 3235, 3692, 4753). Ferner wird uns berichtet über Epidermolyse- ähnliche Symptomatik (Fall 1742), depressive Zustände (Fall 2889), Angst und Depression (Fall 3191), Diplopie mit vollständiger Wiederherstellung der Sehkraft wenige Tage nach Absetzen (Fall 3184), Beeinträchtigung der Geruchsempfindung (Fall 3194), sensorische Aphasie und Amnesie bei möglicher Wechselwirkung mit Verapamil (Fall 3185), asthmoide Beschwerden (Fall 3187), Somnolenz, Verwirrtheit, Desorientiertheit und Dyspnoe 5 Tage nach der Ersteinnahme (positive Reexposition; Fall 3189) und Dyspnoe nach Dosiserhöhung (Fall 3192).

FAZIT: Unter der Langzeiteinnahme des Reserveantiarrhythmikums Flecainid (TAMBOCOR) sind neurologische Defekte, Ablagerungen in der Hornhaut des Auges, Lungenschäden und Beeinträchtigungen anderer Organe zu beachten. Pneumonitiden in Verbindung mit Flecainid belasten die Patienten durch zum Teil erhebliche diagnostische und therapeutische Maßnahmen, bevor an eine Schädigung durch Flecainid gedacht wird. Wir bitten um Mitteilung von Zwischenfällen in Verbindung mit Flecainid an unser NETZWERK.


© 1991 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

Diese Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit Genehmigung des arznei-telegramm® gestattet.

vorheriger Artikela-t 1991; Nr. 7: 63-4nächster Artikel