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Korrespondenz

RISIKEN DER POSTMENOPAUSALEN HORMONSUBSTITUTION

Sie schreiben in a-t 3 (1992), 29, daß sich die Häufigkeit des Auftretens von Brustkrebs auf maximal 30% erhöhen könnte, wenn die Substitution auf 15 Jahre ausgedehnt wird... Die Ursache des von Ihnen erwähnten möglichen erhöhten Risikos liegt jedoch sicherlich in der erhöhten Früherkennungsrate, da Frauen unter längerdauernder Hormonsubstitution öfter kontrolliert werden. Außerdem haben Frauen, die unter Östrogensubstitution an Mammakarzinom erkranken, eine höhere Überlebensrate als nicht substituierte Frauen mit Mammakarzinom (BERGKVIST, L. et al.: Am. J. Epid. 130 [1989], 221 ).

Die postmenopausale Östrogensubstitution kann, muß aber nicht zyklisch erfolgen. Sie kann auch kontinuierlich, d. h. täglich ohne Pause, gegeben werden. Die zusätzliche Gestagengabe, die nur bei nicht hysterektomierten Frauen indiziert ist, soll in diesem Fall dann vom 1. bis 12. Tage jedes Kalendermonats erfolgen bzw. – wenn die Menopause schon länger zurückliegt – eventuell nur mehr alle 3 bzw. alle 6 Monate (Zurückhaltung empfehlenswert aufgrund der Gestagen-bedingten potentiellen Erhöhung der Blutfettwerte, wobei dies im wesentlichen nur bei den 19- Nortestosteronderivaten beobachtet wurde, weniger bei den 17-OH-Progesteronderivaten). Der Einnahmemodus mit kontinuierlicher Östrogengabe und zyklischem Gestagenzusatz ist vor allem dann vorteilhaft, wenn – wie z. B. in Österreich – kein fixes Kombinationspräparat wie PRESOMEN COMPOSITUM im Handel ist, weil den Frauen dadurch unter anderem das "Rechnen" erspart bleibt.

Schließlich haben sie einen ganz wesentlichen Punkt nicht erwähnt: Die Atheroskleroseprophylaxe durch die Östrogensubstitution und damit Schutz vor kardiovaskulären Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Deshalb sollte – hoffentlich nicht nur aus internistischer Sicht – eigentlich jede Frau vom Eintritt ins Klimakterium bis ans Lebensende mit Östrogen substituiert werden, um nicht nur ihre Lebensqualität, sondern vor allem auch ihre Lebenserwartung positiv zu beeinflussen. Laut der britischen Menopausengesellschaft sterben jährlich mehr Frauen an den Folgen der Osteoporose als an Kollum-, Korpus- und Mammakarzinom zusammen, ganz zu schweigen von den kardiovaskulären Erkrankungen, die durch die Östrogensubstitution um 50 % gesenkt werden können.

Dr. K. MOOSBURGER (Klinik f. Innere Medizin Innsbruck)
A-6020 Innsbruck


Angaben zur möglichen Erhöhung des Brustkrebsrisikos durch Substitution mit Östrogenen finden sich in mehreren Studien, z. B. bei COLDITZ et al.: J. Am. Med. Ass. 264 (1990), 2648. Zusammenfassend ist dieses Problem in einer Metaanalyse abgehandelt worden, die aus dem Jahre 1991 stammt (STEINBERG et al.: J. Am. Med. Ass. 265 (1991), 1985). Eine erhöhte Früherkennungsrate von Brustkrebs bei Östrogen-substituierten Frauen durch bessere Überwachung erscheint nach den Beobachtungen des nationalen Krebsinstituts in den USA über die Fluktuation der Häufigkeit der Diagnose von Brustkrebs zweifelhaft (US DHHS II [1988], 69-82).

Es liegen keine Studien vor, die belegen, daß eine kontinuierliche Östrogensubstitution der zyklischen überlegen ist. Entscheidend ist jedoch die zyklische Zugabe eines Gestagens. Verordnungsanalysen in der Praxis zeigen, daß dies in der Regel nicht beachtet wird. Zur Auswahl des Gestagens fehlen hinreichende klinische Daten, die einen günstigen oder ungünstigen Effekt des einen oder anderen Gestagens auf die Arterioskleroseentwicklung zweifelsfrei belegen. Dieser Mangel wird durch zahlreiche Hypothesen ersetzt, die von der Beeinflussung der einen oder anderen Lipidfraktion über die Entwicklung von Angina pectoris nach Hysterektomie bis zu Untersuchungen direkter Wirkungen an der glatten Muskulatur des Gefäßsystems reichen. Aus der Vielzahl der Daten läßt sich aber u.E. bisher keine klare Aussage hinsichtlich eines Nutzens der lebenslangen Östrogensubstitution auf die Entwicklung kardiovaskulärer Erkrankungen ableiten. Die Literaturdaten sind so widersprüchlich, daß sich daraus keine eindeutige Indikationsstellung ergibt. Daher fehlt ein entsprechender Hinweis in a-t 3 (1992), 29 (–Red.).


© 1992 arznei-telegramm

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