Daß nikotinhaltige Tabakentwöhnungspflaster kurzfristige "Rauchpausen" ermöglichen und die meisten Raucher wieder
rückfällig werden, wenn mehr als ein halbes Jahr nach Beginn der Entwöhnungsbehandlung vergangen ist, beschrieben wir in Ausgabe 5 (1991), 42.
Vor einem Jahr waren eine Reihe von Schadwirkungen des Entwöhnungsmittels bekannt.
Jetzt diskutieren Fachleute, ob Patienten mit koronaren Durchblutungsstörungen durch die Applikation transdermaler Nikotinpflaster (NICOTINELL TTS,
NIKOFRENON) ein erhöhtes Myokardinfarktrisiko eingehen. Auf einem Satellitensymposium der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie in
Stockholm wurden im September 1990 Untersuchungsergebnisse von Münchener Klinikern vorgetragen. Bei einem von zehn Patienten entwickelte sich
innerhalb von drei Stunden nach transkutaner Applikation eines Nikotinpflasters ein Angina-pectoris-Beschwerdebild. Der Blutdruck stieg an. Das Pflaster mußte
vorzeitig entfernt werden. Nikotin wirkt ungünstig auf die Erregungsausbreitung im Myokard. Eine Kasuistik beschreibt Vorhofflimmern nach Kauen eines
Nikotinkaugummis.1
Die Formulierung in der Ciba-Geigy-Gebrauchsinformation "Sofern Sie jedoch unter der Anwendung von NICOTINELL TTS unverändert weiterrauchen,
können die Nebenwirkungen häufiger und intensiver auftreten", läßt die Verwender nicht auf eine erhöhte Reinfarktrate oder
lebensbedrohliche Konsequenzen schließen, wie sie sich aus Mitteilungen aus den USA ergeben. Nach Auskunft des NICOTINELL TTS-Anbieters sind
weltweit 27 Myokardinfarktereignisse, davon 10 mit tödlichem Infarkt bekannt. Nur 14 Betroffene hatten eine vorbestehende
Myokardschädigung.2
FAZIT: Nikotin erhöht den myokardialen Sauerstoffverbrauch, verschlechtert die arteriovenöse Sauerstoffdifferenz im koronaren Blutdurchfluß,
erhöht die myokardiale Kontraktilität, läßt den Blutdruck ansteigen und vermindert die periphere Durchblutung. Wer ein Nikotinpflaster
(NICOTINELL TTS, NIKOFRENON) benutzt und weiterraucht, gerät in Gefahr erhöhter toxischer Nikotinwirkungen. Mit Angina pectoris oder Reinfarkten
ist zu rechnen.
1 | RIGOTTI, N. A., K. A. EAGLE: J. Am. Med. Ass. 255 (1986), 1018 |
2 | Ciba-Geigy: tel. Mitteilung vom 7. Juli 1992 |
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