Wir beziehen uns auf die kürzliche Ausgabe des arznei-telegramm (5/92) und den Artikel "FEMOVAN/MINULET und kein
Ende" und übermitteln Ihnen hiermit zusätzliche Informationen, um die Kommentare zu der Gestoden-M-Studie von Wyeth-Pharma
klarzustellen.
In der Gestoden-M-Studie, die im April 1988 begonnen und im Juli 1989 abgeschlossen wurde, wurden Daten über 335.106 Zyklen von insgesamt 63.664
Frauen, die MINULET eingenommen haben, gesammelt.
Während dieser Studie traten 17 schwerwiegende thromboembolische Ereignisse auf. Dies stellt eine Inzidenzrate von 0,66 Ereignissen auf 1000 Frauenjahre
dar und stimmt mit in der einschlägigen Literatur veröffentlichten Daten überein. Diese Inzidenzrate und die dazugehörige Dokumentation
wurden am 16. Oktober 1991 routinemäßig an das BGA übermittelt.
Dr. med E. SCHULTE-WINTROP, Dr. med P. K. KIRCHNER
Wyeth-Pharma GmbH
W-4400 Münster
Im a-t 5/92 wird unter dem Titel "FEMOVAN/MINULET und kein Ende" die fehlende "spezifische Untersuchung bzw. Befragung nach
thromboembolischen Symptomen" in der Phase-IV-Studie von Schering "beanstandet". Diese Beanstandung ist nicht gerechtfertigt. In der
Prüfanleitung wurden die Prüfer ausdrücklich darauf hingewiesen,
º
Frauen mit Thrombosedisposition (vorangegangene oder bestehende thromboembolische Prozesse) von der Prüfung auszuschließen,
º Frauen, bei denen unter Anwendung des Prüfpräparates auf eine Thrombose hindeutende Symptome auftreten, sofort aus der
Prüfung herauszunehmen (erstmaliges Auftreten migräneartiger oder häufigeres Aufreten ungewohnt starker Kopfschmerzen; akute
Sehstörungen jeder Art; erste Anzeichen von Venenentzündungen oder thromboembolischen Erscheinungen),
º und darüber hinaus schwerwiegende alarmierende Reaktionen unverzüglich dem Prüfleiter zu melden.
Die Thromboserate in der Phase-IV-Studie liegt innerhalb des aus der Literatur bekannten Bereiches (M.P. VESSEY, B. B. GERSTMAN et al.) und auch innerhalb
des Bereiches, den wir bei klinischen Prüfungen Phase III bei verschiedenen oralen Kontrazeptiva ermittelt haben.
Schering Aktiengesellschaft (Unternehmenskommunikation)
W-1000 Berlin 65
GERSTMAN, B. B. et al.: Int. J. Epidemiol 19:4 (1990), 931
GERSTMAN, B. B. et al.: Am. J. Epidemiol. 133:1 (1991), 32
VESSEY, M. P. in MANN, R. D. (ed.): Oral Contraception and Breast Cancer, Parthenon, 1990, 212
1. Die Schering AG erweckt den Eindruck, daß besondere Sicherheitsmaßnahmen hinsichtlich des Thromboembolie-Risikos durchgeführt wurden.
Dies ist unrichtig. Es ist der Stand der Kenntnis dokumentiert in jeder Fachinformation , daß Frauen mit thromboembolischen Prozessen in der
Vorgeschichte keine oralen Kontrazeptiva einnehmen dürfen und daß bei Auftreten erster Symptome solcher Komplikationen orale Kontrazeptiva abgesetzt
werden müssen. Daß diese Informationen in jede Prüfanleitung gehören, ist eine Selbstverständlichkeit.
2. Nur "schwerwiegende alarmierende Reaktionen" sind dem Prüfleiter unverzüglich zu melden. Also werden die Ereignisse ohne
Fragebogenvorgabe selektiert. Dadurch wird verhindert, daß die Häufigkeit thromboembolischer Komplikationen korrekt erfaßt wird. Deshalb kam die
FEMOVAN-Studie (Gestoden F) zu einer geringeren Thromboembolie-Häufigkeit von 0,65 Ereignissen für 1000 Frauenjahre. Die MINULET-bezogene
Gestoden-M-Studie führte diese Selektion zunächst nicht durch, deshalb fanden sich in ihr 8,8 thromboembolische Ereignisse pro 1000 Frauenjahre. In der
nachfolgenden Datenselektionierung auf "17 schwerwiegende Ereignisse" ohne Einschluß der sonstigen im MINULET-Beipackzettel
aufgeführten thromboembolischen Komplikationen kam die Firma Wyeth auf das Wunschergebnis von 0,66 Ereignissen pro 1000 Frauenjahre.
3. Irreführend ist die Aussage, daß die Ergebnisse der Schering-Studie (Gestoden F) innerhalb des in der Literatur bekannten Bereiches
thromboembolischer Komplikationen liegen. Orale Kontrazeptiva mit einem Ethinylestradiolgehalt unter 50 µg haben ein Thromboembolie-Risiko von 0,39
Ereignissen pro 1000 Frauenjahre.1 Die Mikropille FEMOVAN/MINULET zeigt trotz der Selektion der Berichte 0,65 bzw. 0,66 thromboembolische Ereignisse pro
1000 Frauenjahre und liegt damit im Bereich der alten oralen Kontrazeptiva mit hoher Ethinylestradioldosis, für die das Thromboembolie-Risiko mit 0,62
Ereignissen pro 1000 Frauenjahre angegeben wird.1 Selbst die manipulierten Studienergebnisse belegen also das erhöhte Thromboembolie-Risiko
gestodenhaltiger Präparate, obwohl die Häufigkeit thromboembolischer Ereignisse durch die Selektion von "schwerwiegenden alarmierenden
Reaktionen" vermindert wurde.
Die Aussage: "Die Thromboserate in der Phase IV-Studie liegt innerhalb des aus der Literatur bekannten Bereiches" hält einer Nachprüfung
nicht stand (-Red.)
1 VESSEY, M. et al.: Brit. Med. J. 292 (1986), 526
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