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vorheriger Artikela-t 1994; Nr. 4: 40 
Warnhinweis

SCHWEDEN: INDIKATIONSEINSCHRÄNKUNG
FÜR ANTIMYKOTIKUM TERBINAFIN (LAMISIL)

Als "unerwartet hoch" bezeichnet die schwedische Behörde die Zahl der seit September 1992 eingegangenen Nebenwirkungsberichte für das Antimykotikum Terbinafin (LAMISIL). Die Hälfte der 208 Meldungen betrifft die Haut, mit Exanthemen bzw. Urtikaria/Angioödem bei jeweils 40 Personen (19%). Siebenmal kam es in Verbindung mit Terbinafin zu Erythema multiforme, zweimal zum STEVENS-JOHNSON-Syndrom und bei einer Person zur lebensbedrohlichen ausgedehnten toxischen epidermalen Nekrolyse (Syndrom der verbrühten Haut, LYELL-Syndrom). Die Hautreaktionen können schon am ersten Tag der Einnahme beginnen, aber auch noch nach mehr als zweimonatiger Behandlung. Auffällig häufig kommt es zu auch unangenehmen Geschmacksveränderungen (35% der Meldungen), ferner zu Geruchsverlust und Transaminasenanstieg.1 Bei zwei zuvor gut eingestellten Altersdiabetikern stieg der Blutzucker unter dem Antimykotikum.2

Nagelpilz wird oft aus kosmetischen Gründen behandelt. Die Erkrankung mag zwar für den Patienten ärgerlich sein, beeinträchtigt jedoch nicht das Allgemeinbefinden. In Schweden hat sich Sandoz angesichts der unangenehmen bis bedrohlichen Störwirkungen mit der Einschränkung der Indikation auf "Pilzinfektionen der Nägel, wenn die äußerliche Behandlung nicht angezeigt ist oder unzureichend wirkt", einverstanden erklärt.1 Sandoz Deutschland hält das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Terbinafin (Werbung: "Sanft zum Patienten, hart gegen Pilze") hingegen für "günstig" 3 und bietet das Mittel nach wie vor unbegrenzt gegen durch Dermatophyten verursachte Infektionen der Finger- und Zehennägel an, ferner bei schweren therapieresistenten Infektionen der Haut durch Dermatophyten.4

Im NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION dominieren für Terbinafin-Verwender im Wortsinn bittere Erfahrungen. 10 von 17 Berichten umfassen Geschmacksstörungen bis hin zur vollständigen Ageusie nach zwei- bis achtwöchiger Einnahme. Ein kaufmännischer Angestellter nimmt nichts Salziges mehr wahr, jedes Essen scheint zu wenig gewürzt zu sein (NETZWERK-Bericht 6966). Für eine Lehrerin "schmeckt alles grausig gleich, Brot, Marmelade, Obst" (7065). Ein 56jähriger empfindet schlagartig alle Speisen als bitter (6919). Ein 73jähriger verliert plötzlich seinen Geschmacksinn vollständig (6675). Nur bei drei Personen ist der Geschmack zum Berichtszeitpunkt vollständig zurückgekehrt (6436, 6886, 6919).

FAZIT: In a-t 1 (1993), 20 warnten wir erstmals vor zum Teil bedrohlichen Leber- und Hautschäden nach Einnahme des Antimykotikums Terbinafin (LAMISIL). Unangenehme, bisweilen Monate anhaltende Geschmacksstörungen können die bei dreimonatiger Anwendung rund 700 DM teure Pilzbehandlung beeinträchtigen. In Anbetracht der massiv die Lebensqualität vermindernden Wirkungen sollten nur die wenigen Patienten Terbinafin einnehmen, für die eine zwingende Behandlungsnotwendigkeit besteht und eine – besser verträgliche – Lokalbehandlung nicht möglich ist.

1

Biverkningsnytt: Läkartidingen 91 (1994), 1105

2

Biverkningsnytt: Läkartidingen 90 (1993), 3572

3

LAUKANT, A., K. HÖRMANN: Schreiben der Sandoz AG vom 29. März 1994

4

LAMISIL, Rote Liste 1994, 20 014


© 1994 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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