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ANTIDEPRESSIVUM MOCLOBEMID
(AURORIX) ERHÖHT SUIZIDALITÄT

Das der Gruppe der MAO-A-Hemmer zuzurechnende Antidepressivum Moclobemid (AURORIX) gilt als Mittel der ferneren Wahl (vgl. a-t 1 [1992], 7).1 Gemessen an der Zahl der Therapieabbrüche wirkt es unzuverlässig: Nach Daten aus sieben großen veröffentlichten Vergleichsstudien liegen unter Moclobemid die "drop-out"-Raten wegen ungenügender Wirkung, Befindensverschlechterung, Suizidalität oder Suizid zwei- bis dreifach höher als unter den bewährten trizyklischen Antidepressiva.2 Eine neue schwedische Untersuchung dokumentiert jetzt für Moclobemid ein im Verhältnis zu Amitriptylin zweifach erhöhtes Risiko der Selbsttötung. Nur in wenigen Fällen war eine Überdosis des Antidepressivums die Todesursache.3 Die Entwicklung eines dem Moclobemid verwandten Wirkstoffes (Brofaromin, Ciba-Geigy) wurde vorzeitig aufgegeben.2

Berichte an das NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION unterstützen die These einer erhöhten Selbstgefährdung Depressiver durch Moclobemid. Von 24 Verdachtsmeldungen zu dem MAO-Hemmer betreffen 15 zum Teil schwerste Unruhezustände – auch unter sedierender Begleitmedikation – mit Antriebssteigerung, Schlafstörungen, Angstträumen und Suizidgedanken, die sehr oft zum Abbruch der Therapie zwingen. Ein 45jähriger erhängt sich nach zehntägiger Moclobemid-Einnahme. Er hatte zuvor über zunehmende innere Unruhe geklagt. Dem meldenden Psychiater drängt sich die "Parallele zu den altbekannten trizyklischen antriebssteigernden Antidepressiva" auf, "unter denen es auch in der Anfangszeit immer wieder zu Suizidhandlungen gekommen ist" (NETZWERK-Bericht 5725; vgl. a-t 1 [1993], 20). Eine 39jährige Krankenschwester, die Moclobemid in einer psychiatrischen Klinik erhält, fühlt sich nach der ersten Einnahme "aufgedreht", am zweiten Tag bemerkt sie eine "übermäßig anregende Wirkung" und klagt über ein "Spannungsgefühl im Kopf". Im folgenden Wochenendurlaub stürzt sie sich in einen Treppenhausschacht und stirbt zwei Tage später an den Verletzungen (Bericht 6990).

FAZIT: Der MAO-A-Hemmer Moclobemid (AURORIX) steigert Antrieb und Unruhe und erhöht die Gefahr der Selbsttötung depressiver Patienten. Die antidepressive Wirksamkeit scheint unzureichend zu sein: "Wenn sich die Diskussion auf den kleinen Anteil an Suiziden durch Überdosen trizyklischer Antidepressiva konzentriert, werden Ärzte entmutigt, diese effizient zu nutzen. Der unsystematische Einsatz jüngerer Antidepressiva wird dadurch favorisiert."4

1

Drug Ther. Bull. 32 (1994), 6

2

GRAM, L. F. et al.: Lancet 324 (1994), 679

3

ISACSSON, G. et al.: Brit. Med. J. 308 (1994), 506

4

ISACSSON, G. et al.: Brit. Med. J. 308 (1994), 916


© 1994 arznei-telegramm

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