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Im Blickpunkt

VORSICHT MIT NEUROLEPTIKA
BEI DEMENZ VOM LEWY-KÖRPERCHEN-TYP

Stark wirksame Neuroleptika in niedriger Dosierung sind Standardtherapeutika zur Behandlung psychomotorischer Erregungszustände bei Patienten mit Altersdemenz. Die Empfindlichkeit für Neuroleptika-Störwirkungen – vor allem extrapyramidale Symptome – wächst jedoch im Alter.

Besonders gefährdet sind offenbar alte Menschen mit einer in jüngster Zeit als eigenständiges Krankheitsbild charakterisierten Form der Demenz,1 die mit sogenannten LEWY-Körperchen im Gehirn einhergeht. Die eosinophilen Einschlußkörperchen in Neuronen gelten als Ausdruck einer degenerativen ZNS-Erkrankung und werden dem Formenkreis des idiopathischen Parkinsonismus zugeordnet. Die Demenz vom LEWY- Körperchen-Typ fällt durch PARKINSON-Symptome in Kombination mit stark schwankender geistiger Verfassung auf. Zeiten der Verwirrtheit wechseln mit lichten Momenten.2 Ferner sprechen visuelle Halluzinationen mit paranoidem Wahn, wiederholte ungeklärte Stürze und vorübergehende Bewußtseinstrübung oder -verlust für die spezielle Form der Demenz.1,2

Neuroleptika verursachen bei diesen Kranken offenbar häufiger als bei ALZHEIMER-Patienten lebensbedrohliche Unverträglichkeitsreaktionen.1 In einer retrospektiven Studie wird der Krankheitsverlauf von 41 Verstorbenen untersucht. 7 (44%) von 16 neuroleptisch Behandelten mit autoptisch gesicherter LEWY-Körperchen-Demenz (n=20) erlitten schwere Störwirkungen im Sinne eines fortschreitenden schweren Parkinsonismus bzw. eines malignen neuroleptischen Syndroms. Zwei bis neunzehn Wochen vor dem Tode boten sie unter Neuroleptika Symptome wie plötzliche Sedierung, verstärkte Verwirrtheit, Rigidität und Unbeweglichkeit. Weitere sechs (37%) reagierten nach kurzer Neuroleptika-Anwendung ebenfalls mit extrapyramidalen Symptomen. Dagegen riefen die Psychopharmaka nur bei 4 (29%) von 14 neuroleptisch behandelten ALZHEIMER-Kranken (n=21) Störwirkungen hervor, darunter einmal ein akutes schweres PARKINSON-Syndrom.2

Bei Verdacht auf LEWY-Körperchen-Demenz ist daher besondere Vorsicht mit Neuroleptika geboten.1 Geht es diesen Kranken unter der Behandlung plötzlich schlechter, ist an Neuroleptika-Unverträglichkeit zu denken.2

FAZIT: Psychomotorische Erregungszustände dementer alter Menschen werden mit stark wirksamen Neuroleptika in niedriger Dosierung behandelt. Die Patienten neigen jedoch unter dieser Therapie zu extrapyramidalen Symptomen. Besonders Patienten mit der dem idiopathischen Parkinsonismus zugerechneten LEWY-Körperchen-Demenz sind durch lebensbedrohliche Störwirkungen im Sinne eines Parkinsonismus oder eines malignen neuroleptischen Syndroms gefährdet.

1

Current Problems 20 (1994), 6

2

MCKEITH, I. et al.: Brit. Med. J. 305 (1992), 673


© 1994 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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