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Neu auf dem Markt

CHOLESTERIN-SYNTHESEHEMMER
FLUVASTATIN (CRANOC, LOCOL)

Seit September 1994 wird mit Fluvastatin (CRANOC, LOCOL) der vierte Cholesterin-Synthese (CSE)-Hemmer zur Senkung erhöhter Cholesterinwerte im Blut angeboten. Mindestens 13 weitere Varianten befinden sich in der klinischen bzw. präklinischen Erprobung. Inzwischen entfällt fast jede zweite verordnete Lipidsenker-Tagesdosis auf diese Substanzklasse.1

EIGENSCHAFTEN: "Statine" hemmen das Schlüsselenzym der intrazellulären Cholesterinsynthese. Fluvastatin, der erste vollsynthetisch hergestellte CSE-Hemmer, wird nach der Einnahme nahezu vollständig aufgenommen. Nach ausgeprägter Verstoffwechselung bei der ersten Leberpassage und Ausscheidung über die Galle erreichen 24% der eingenommenen Dosis den systemischen Kreislauf.

Bei Personen mit Leberinsuffizienz steigen die maximalen Plasmaspiegel des überwiegend über den Stuhl ausgeschiedenen Mittels auf das 2,5fache. Fluvastatin darf nicht bei aktiven Lebererkrankungen, anhaltend erhöhten Transaminasen und Cholestase Verwendung finden.

WIRKUNGEN: Täglich 20 mg Fluvastatin senken Low-density-lipoprotein (LDL)-Cholesterinwerte um 19% bis 22%, Tagesdosen von 40 mg um 24%. Vergleichsstudien mit anderen CSE-Hemmern sind nicht veröffentlicht. Maximale Dosierungen von Lovastatin (MEVINACOR), Pravastatin (LIPREVIL, PRAVASIN) und Simvastatin (DENAN, ZOCOR) senken LDL-Spiegel um 30% bis 40%.2 Eine 34%ige Abnahme der LDL-Spiegel läßt sich mit täglich 60 mg Fluvastatin erzielen,6 dem 1,5fachen der empfohlenen maximalen Tagesdosis. Die gleichzeitige Einnahme von täglich 8 g Colestyramin (QUANTALAN u.a.) neben 10 mg oder 20 mg verstärkt den Abfall des LDL-Cholesterins nur um rund 8% auf 25% bis 30%. Die Verdopplung der Colestyramindosis auf 16 g verbessert den Erfolg nur unwesentlich.3 Ein Einfluß von Fluvastatin auf die Häufigkeit von Herz-Kreislauf- Erkrankungen und Tod ist nicht belegt.

DOSIERUNG: Die Anbieter empfehlen hierzulande initial die abendliche Einnahme von 40 mg. Günstiger erscheint uns das in den USA praktizierte Vorgehen, mit abendlich 20 mg zu beginnen und ggf. nach vier Wochen, wenn sich der maximale Effekt abzeichnet, auf 40 mg abends zu erhöhen. Die morgendliche Einnahme wirkt schwächer – möglicherweise bedingt durch zirkadiane Schwankungen der Cholesterinsynthese.2 Ein Verteilen der 40 mg-Dosis auf zwei Einnahmen erhöht den LDL-senkenden Effekt,2 wird aber hierzulande nicht empfohlen.

VERTRÄGLICHKEIT: Mit den typischen Störwirkungen von CSE-Hemmern ist zu rechnen (vgl. a-t 7 [1990], 67), einschließlich Transaminasenanstieg (zu 1% über das Dreifache der Norm), Kreatininkinaseerhöhung und Myopathien, auch wenn Rhabdomyolyse und Myoglobinurie unter Fluvastatin bislang nicht beschrieben sein sollen. Auffällig häufig werden jedoch Muskel-Skelett-Symptome wie Muskelkrämpfe/Schmerzen (3%), Rückenschmerzen (6%) und Gelenkbeschwerden (4%), ZNS-Symptome wie Kopfschmerzen (9%) und Schlafstörung (3%), Infektionen der oberen Atemwege (12%) und Verdauungsstörungen (8%) genannt.5 Fluvastatin ist der einzige von der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA zugelassene CSE-Hemmer, der in Kanzerogenitätsstudien an Nagern nicht mit Leberzelltumoren in Verbindung gebracht worden ist.2

Gallensäurebindende Harze wie Colestyramin binden auch Fluvastatin. Die beiden Präparate sind daher in vierstündigem Abstand einzunehmen. Die Ulkusmittel Cimetidin (TAGAMET u. a.), Ranitidin (SOSTRIL u. a.) und Omeprazol (ANTRA u. a.) erhöhen die Serumwerte von Fluvastatin, während die gleichzeitige Einnahme von Rifampicin (RIFA u. a.) gegenteilig wirkt. Ciclosporin (SANDIMMUN), Fibrat-Lipidsenker, Nikotinate und Erythromycin (ERYCINUM u. a.) erhöhen möglicherweise – wie bei den anderen CSE-Hemmern – das Risiko von Myopathien.2

FAZIT: Mittel der Wahl zur Senkung erhöhter Cholesterinwerte sind nach wie vor konsequente Diät und das Gallensäure-bindende Harz Colestyramin (QUANTALAN u.a.). Als zweite Wahl kommen Cholesterinsynthese (CSE)-Hemmer in Frage (Therapiekursbuch, A.V.I. 1994, Seite 179).

Das neu eingeführte Fluvastatin (CRANOC, LOCOL) wird deutlich preiswerter als andere CSE-Hemmer angeboten (siehe Kasten), scheint aber das Serumcholesterin in der empfohlenen abendlichen Dosis von maximal 40 mg schwächer zu senken. Die Langzeitsicherheit von CSE-Hemmern und besonders der Neuerung Fluvastatin bleibt zu klären – ein Manko, das für Arzneimittel, die ohne Zeitbegrenzung eingenommen werden, schwerwiegt und im Aufklärungsgespräch abzuwägen ist.


© 1994 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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