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METHÄMOGLOBINÄMIE
NACH LOKALANÄSTHETIKUM PRILOKAIN (XYLONEST)

Wird das Eisen des roten Blutfarbstoffs zu dreiwertigem oxidiert, entsteht Methämoglobin (Met-Hb), das keinen Sauerstoff transportieren kann. Bildet sich akut 10% bis 20% Met-Hb, ist mit Zyanose, Kopfschmerzen, Herzklopfen und Schwindel zu rechnen, in höherer Konzentration (ab 60%) mit Bewußtseinsverlust und Schock sowie Tod. Nitratkontaminierte Nahrung, Anilinfarbstoffe und Amid-haltige Arzneimittel wie Lokalanästhetika vom Amidtyp und Sulfonamide (s. "Vom Verdacht zur Diagnose", A.V.I., Berlin, 1992, Seite 265) können die Methämoglobinbildung auslösen. Gefährdet sind vor allem Säuglinge, deren rote Blutkörperchen noch nicht genügend Met-Hb-reduzierende Enzyme enthalten.

Aus einer norddeutschen Universitätsklinik erreichen das NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION drei Berichte über Methämoglobinämie bei Neugeborenen (5957, 5958, 7598) in Verbindung mit dem Lokalanästhetikum Prilokain (XYLONEST; s. auch a-t 9 [1992], 92.) Die Mütter hatten zur Schmerzstillung unter der Geburt 4 ml bzw. 20 ml 1%ige Lösung erhalten – entsprechend 40 mg bzw. 200 mg Prilokain. Bei einem der Neugeborenen mit einer Met-Hb-Konzentration von 58% bleibt ein hypoxisch-ischämischer Hirnschaden zurück (5957). Ein drei Monate alter, mit einem Sulfonamid behandelter Säugling wird nach Anwendung von 5 g jeweils 2,5% Prilokain- und Lidokain-haltiger Creme (EMLA) zyanotisch. Die Met-Hb-Konzentration des Blutes beträgt 28%.1 Drei Erwachsene reagieren auf Injektionen von 480 mg bzw. 560 mg Prilokain im Rahmen zahnärztlicher Eingriffe mit Zyanose, Schwindel und Met-Hb-Konzentrationen von 11% bis 28%.2

Durch i.v.-Injektion eines Redoxfarbstoffes wie Toloniumchlorid (TOLUIDINBLAU) läßt sich bei lebensbedrohlicher Methämoglobinämie die Reduktion von Met-Hb zu funktionsfähigem Blutfarbstoff beschleunigen, sofern keine genetisch (z.B. Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenasemangel) oder toxisch (z.B. Chlorat-Vergiftung) bedingte Enzymschädigung vorliegt.

1  FRAYLING, I. M. et al.: Brit. Med. J. 301 (1990), 153
2  J. Am. Med. Ass. 272 (1994), 1403


© 1994 arznei-telegramm

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