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"Prostataselektive" Alphablocker und Blutdruckabfall: Vor einem Jahr brachte Byk Gulden den Alphablokker Alfuzosin (URION, UROXATRAL) als "urospezifisches" Mittel gegen benigne Prostatahyperplasie ohne "relevanten Einfluß auf den Blutdruck" in den Handel (vgl. a-t 2 [1995], 11). Inzwischen liegen Berichte über zum Teil lebensbedrohlichen Blutdruckabfall und andere kardiovaskuläre Ereignisse vor: Ein 66jähriger ohne Bluthochdruck, Herz- oder Gefäßrisiken in der Vorgeschichte erleidet nach vierwöchiger Einnahme von Alfuzosin eine zerebrale Ischämie. Fünf Wochen danach ist er noch nicht wiederhergestellt (NETZWERK-Bericht 8256). Eine praktische Ärztin berichtet über einen 76jährigen, der Hydrochlorothiazid plus Captopril (TENSOBON COMP MITE) gegen erhöhten Blutdruck und Azetylsalizylsäure nach Koronarangioplastie bei koronarer Eingefäßerkrankung einnimmt. Vom Urologen erhält er Alfuzosin. Eine Woche später verspürt er eine Stunde nach morgendlicher Einnahme Unwohlsein. Flach liegend schwitzt er und klagt über Angina pectoris. Der Notarzt mißt einen Blutdruck von 80/60 mmHg. In der Klinik läßt sich ein Herzinfarkt ausschließen. "Was passiert ..., wenn URION abends zusammen mit anderen Antihypertonika geschluckt wird?" fragt sich die Kollegin. "Die meisten Prostatapatienten sind alte Menschen, die sehr oft blutdrucksenkende Medikamente einnehmen" (8328). Monate zuvor wurde ein anderer Patient ihrer kleinen Praxis unter Alfuzosin plötzlich bewußtlos. Am Boden liegend soll der systolische Wert 30 mmHg betragen haben (8329). Auch für Terazosin (FLOTRIN), das als HEITRIN auch gegen erhöhten Blutdruck angeboten wird, erreicht uns ein Bericht über eine plötzliche orthostatische Fehlregulation mit Synkope (7834). Ein 55jähriger mit Prostataadenom und Hypertonus stürzt am vierten Tag der Einnahme von Terazosin nach Genuß von zwei Gläsern Bier unter Schweißausbruch vom Barhocker und verliert kurzzeitig das Bewußtsein (7876). Medikamentös induzierte orthostatische Dysregulationen können als "fehlerhafte" Behandlung die Gerichte beschäftigen: Hinweise auf eine Einschränkung des Reaktionsvermögens fehlen zum Teil in den Produktinformationen von Alphablockern. Wie aber soll der Patient über ein Risiko aufgeklärt werden – insbesondere als autofahrender Verkehrsteilnehmer –, wenn der Beipackzettel die Gefahr bagatellisiert oder verschweigt?


© 1996 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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