Unter Bezugnahme auf die aktuelle Berichterstattung der Ärzte-Zeitung vom 18./19. Okt. 1996 (S. 19) zu Oxaceprol (AHP 200) bitte
ich um Mitteilung, ob sich auch aus Ihrer Sicht eine positive Neubewertung dieser früher als Chondroprotektivum und neuerdings als Antirheumatikum
deklarierten Substanz ergibt.
Dr. med. K. EICHENSEHER (Arzt f. Orthopädie)
D-60528 Frankfurt/M.
Die Gesetzliche Krankenversicherung gab 1995 21 Millionen DM für 360.000 Verordnungen von Oxaceprol (AHP 200) aus.1 Ursprünglich
sollte Oxaceprol, das azetylierte Derivat der endogenen Aminosäure Hydroxyprolin, Mangelerscheinungen im Kollagenstoffwechsel vorbeugen bzw. ausheilen
(a-t 11 [1988], 101).
Heute stellt Chephasaar den Gebrauch bei entzündlichen Gelenk- und Bindegewebserkrankungen in den Vordergrund. Die antiinflammatorische Wirkung soll
"auf der selektiven Hemmung der Adhäsion aktivierter Granulozyten an das Endothel der Gefäße" beruhen und "damit die
Entzündungszellen an der Migration in das Entzündungsgebiet" hindern.2
Wie ein solcher Effekt zustande kommen soll, bleibt offen, ebenso die klinische Relevanz dieser aus Tier- bzw. In-vitro-Versuchen erhobenen Befunde. Vom
Hersteller überlassene neuere Vergleichsstudien von Oxaceprol mit nichtsteroidalen Antirheumatika bei Knie- und Hüftgelenksbeschwerden spiegeln den
Spontanverlauf der fluktuierenden Symptomatik wider.3,4 Unerwähnt bleibt, daß die in Kurkliniken übliche Physiotherapie allein bereits
ausgeprägte Linderung bringt. Typischerweise fehlt in solchen Vergleichsstudien eine Plazebogruppe, die irreführende Schlußfolgerungen verhindern
würde.
Literaturrecherchen in internationalen Datenbanken bleiben erfolglos: Oxaceprol besitzt geringe Verbreitung. Außerhalb Deutschlands wird es unseres Wissens
lediglich in Ländern mit unzureichender Arzneimittelkontrolle angeboten: in Frankreich, Portugal und Spanien. Wir finden für das nunmehr als
nichtsteroidales Antirheumatikum bezeichnete Prolinderivat keine Belege, die die Verwendung bei degenerativen beziehungsweise entzündlichen
Gelenkerkrankungen rechtfertigen und eine Neubewertung begründen (vgl. a-t 4 [1996], 35), Red.
1 | SCHWABE, U., D. PAFFRATH (Hrsg.): "Arzneiverordnungs-Report '96", Gustav Fischer
Verlag, Stuttgart (1996), S. 124 |
2 | BRUNE, K.: Symposium der Chephasaar GmbH, Sept. 1996, zitiert nach Ärzte Ztg.
vom 18./19. Okt. 1996 |
3 | MENGE, M.: Therapiewoche 30 (1996), 1666 |
4 | HILDEBRANDT, H. D.: Z. Allg. Med. 71 (1995), 1742 |
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