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vorheriger Artikela-t 1998; Nr. 2: 28 
Nebenwirkungen

AIDS: UNGEWÖHNLICHE INFEKTIONSVERLÄUFE
UNTER MEHRFACHTHERAPIE

Die Kombination von Nukleosidanaloga wie Zidovudin (RETROVIR) und Proteasehemmern wie Indinavir (CRIXIVAN) hat die Behandlung von AIDS- Kranken entscheidend verbessert: T-Helferzellen steigen an, die HI-Virus-RNA im Plasma sinkt ab (a-t 6 [1996], 58; 4 [1997], 45). Erste Beobachtungen deuten an, dass die üblicherweise lebenslange Prophylaxe z.B. gegen Pneumocystis-carinii-Infektion oder die Erhaltungstherapie nach Zytomegalievirus (CMV)-Retinitis möglicherweise zumindest vorübergehend ausgesetzt werden kann.1

US-amerikanische Kliniker berichten jetzt über fünf Patienten mit fortgeschrittener HIV-Erkrankung, die nach ein- bis dreiwöchiger Einnahme von Indinavir zusätzlich zu ein oder zwei Nukleosidanaloga mit örtlicher Infektion der Lymphknoten durch Mycobacterium-avium-Komplex (MAC), begleitet von hohem Fieber und Leukozytose, stationär aufgenommen werden.

Die untypische entzündliche Reaktion - normalerweise stehen bei fortgeschrittener HIV-Infektion eher unspezifische Zeichen wie Abgeschlagenheit, Nachtschweiß und Durchfall im Vordergrund - scheint Ausdruck einer verbesserten Immunantwort auf eine vorbestehende subklinische MAC-Infektion zu sein.2 Bei Tuberkulose und Lepra sind ähnliche Reaktionen zu Beginn einer Chemotherapie bekannt.1

Auch eine z.T. atypisch verlaufende CMV-Retinitis in Verbindung mit ungewöhnlich hohen Lymphozytenzahlen wird als entzündliche Immunreaktion auf eine zuvor latente Infektion gedeutet. Die gefürchtete Netzhauterkrankung, die üblicherweise bei CD4-Zellzahlen unter 50/µl auftritt, wird seit Einführung der Proteasehemmer häufiger bei verbessertem Immunstatus beobachtet.3

Ein HIV-positiver Mann mit chronischer Hepatitis-B-Infektion erkrankt unter Ritonavir (NORVIR) an akuter Hepatitis. Transaminasen und HBV-DNA steigen zunächst an, sinken nach einigen Wochen aber wieder. Stattdessen lassen sich vermehrt Antikörper gegen HBc und HBe nachweisen. Eine Leberbiopsie zum Ausschluss einer Störwirkung des potentiell hepatotoxischen Ritonavirs ergibt keine Hinweise auf eine arzneimittelinduzierte Schädigung.4

FAZIT: Zu Beginn einer Behandlung mit Proteasehemmern wie Indinavir (CRIXIVAN) können bislang subklinische Infektionen mit opportunistischen Erregern (z.B. MAC, CMV) in zum Teil ungewöhnlicher Form in Erscheinung treten und eine spezifische Zusatzmedikation erforderlich machen. Bei gleichzeitig vorliegender chronischer Hepatitis-B-Infektion sind die Transaminasen engmaschig zu kontrollieren.

1

SEPKOWITZ, K. A.: Lancet 351 (1998), 228

2

RACE, E. M.: Lancet 351 (1998), 252

3

JACOBSON, M. A.: Lancet 349 (1997), 1443

4

CARR, A., D. A. COOPER: Lancet 349 (1997), 995


© 1998 arznei-telegramm

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