Palinopsie ist eine Sehstörung, bei der kürzlich Gesehenes in Form von Nachbildern "perseveriert" oder erneut wieder auftaucht.
Diskrete stationäre Bilder ziehen wie ein geisterhafter Streifen sekundenlang hinter dem sich bewegenden Original her, bleiben noch für Minuten im
peripheren Gesichtsfeld erhalten oder werden zum Teil in der Komplementärfarbe des Originals wahrgenommen.1,2
Die Wahrnehmungsstörung kommt nach schwerer Schädigung der hinteren Hirnbereiche (Okzipitalregion) vor, zuweilen bei Migränepatienten, sowie
in Verbindung mit den Psychodrogen Mescalin, LSD und Ecstasy.1-3
Auch verschiedene Arzneimittel werden verdächtigt, Palinopsie auszulösen: Antidepressiva wie Maprotilin (LUDIOMIL u.a.),4 Nefazodon
(NEFADAR)5 und Trazodon (THOMBRAN),2 das Neuroleptikum Risperidon (RISPERDAL)6 und das Antikrebsmittel Interleukin 2
(PROLEUKIN).7 Auftreten nach Dosissteigerung bzw. Verschwinden nach Absetzen2,4,6 sprechen für einen Zusammenhang mit der
Medikation. Zum Teil bestanden Risikofaktoren wie Hirninfarkt im hinteren Hirnbereich,5 oder es wurden gleichzeitig Trazodon und Risperidon6
eingenommen.
Drei Frauen, die zur Ovulationsauslösung über längere Zeit täglich 100 mg bis 150 mg Clomifen (DYNERIC u.a.) einnehmen, klagen über
Schimmern des peripheren Sehfeldes, Lichtscheu und lang anhaltende Nachbilder, insbesondere von sich bewegenden Objekten. Eine Patientin kann wegen
Schimmerns der Buchstaben kleine Schrift gelegentlich schlecht lesen. Die Palinopsie ist zwei bis sieben Jahre nach Absetzen der Medikation noch
vorhanden.8 In der Fachinformation von DYNERIC wird auf Nachbilder und Verschwommensehen, das auf "Intensivierung und Verlängerung
von Nachbildern zu beruhen" scheint, hingewiesen.9
FAZIT: Sehstörungen mit Nachbildern (Palinopsie) kommen bei Hirnschädigungen vor allem im Bereich der Sehrinde und Drogenabusus sowie in
Verbindung mit der Einnahme verschiedener Psychopharmaka vor. Auch unter Interleukin 2 (PROLEUKIN) und Clomifen (DYNERIC u.a.) ist Palinopsie
beschrieben.
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