Bei akutem Koronar-Syndrom gehören Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN u.a.) und Heparin (LIQUEMIN N u.a.) zur antithrombotischen
Basistherapie. Besteht ein hohes Infarktrisiko, wie bei Patienten mit anhaltenden Schmerzen trotz antianginöser Therapie, EKG-Veränderungen, instabilem
Kreislauf, Troponin-Erhöhung u.a., soll nach amerikanischen und europäischen Leitlinien zudem ein Glykoprotein-IIb/IIIa (GP)-Blocker verwendet und
möglichst frühzeitig auch eine Angioplastie durchgeführt werden.1,2
Die CURE*-Studie verfolgt eine andere Strategie und vergleicht bei 12.500 Patienten mit hohem Risiko Clopidogrel (ISCOVER, PLAVIX; initial 300 mg, dann 75
mg/Tag über drei bis zwölf Monate) und Plazebo zusätzlich zu ASS und Heparin.3 Beteiligt sind Zentren, bei denen frühe
Koronarographien und Angioplastien sowie GP-Blocker nicht zur Routine gehören. Invasives Vorgehen einschließlich koronarem Bypass oder Angioplastie
war jedoch möglich, wenn die Behandelnden dies für erforderlich hielten. Die kontrollierte Studie wurde für diese Zeit bis zu vier Wochen lang
unterbrochen und die "offene" Einnahme von Clopidogrel erlaubt.
Nach etwa zehn Monaten mindert Clopidogrel kardiovaskuläre Todesfälle, Myokardinfarkte und Hirninsulte von 11,5% auf 9,3% (primärer kombinierter
Endpunkt). Separat betrachtet sind nur Myokardinfarkte seltener (6,7% vs. 5,2%). Der Effekt ist schon nach wenigen Tagen fassbar und scheint nach drei Monaten
voll ausgeprägt zu sein. In verschiedenen Subgruppen (nach Alter, Geschlecht, Diabetes mellitus, individuellem Risiko, EKG- und Enzymbefund u.a.) sind die
Ergebnisse im Wesentlichen vergleichbar. Relevante Blutungen kommen unter Clopidogrel häufiger vor (2,7% vs. 3,7%), nicht aber lebensbedrohliche oder
Hirnblutungen.
16,5% der Patienten erhalten außerhalb des Studienplans einen koronaren Bypass, 21,2% eine perkutane Angioplastie. Bei diesen Patienten tritt der
primäre Endpunkt zwar häufiger ein, sie profitieren aber von Clopidogrel in gleichem Ausmaß wie die Gesamtgruppe. Schon vor der Angioplastie (im
Mittel nach zehn Tagen) senkt Clopidogrel die Infarktrate (5,1% vs. 3,6%). In den 30 Tagen nach Angioplastie werden kardiovaskuläre Todesfälle,
Myokardinfarkte und Notfall-Revaskularisationen (primärer kombinierter Endpunkt in der Substudie mit Angioplastie "PCI-CURE") nochmals von 6,4%
auf 4,5% vermindert. Diese Reduktion ist auf die Einnahme vor dem Eingriff zurückzuführen, da in den ersten Wochen nach der Angioplastie mehr als 80%
der Patienten "offen" Clopidogrel erhalten. In den Monaten bis Studienende hat Clopidogrel dann keinen weiteren Einfluss mehr auf Infarktrate und
kardiovaskuläre Todesfälle. Pro 100 Patienten können etwa zwei koronare Eingriffe vermieden werden.4
FAZIT: Die CURE-Studie lässt eine Wirksamkeit von Clopidogrel (ISCOVER, PLAVIX) beim akuten Koronar-Syndrom erkennen. Offen bleibt jedoch der
Stellenwert im Vergleich zur derzeit empfohlenen frühen invasiven Therapie und Gabe von GP-Blockern. Von den aktuellen Leitlinien sollte deshalb nicht
abgewichen werden. Die frühzeitige zusätzliche Einnahme von Clopidogrel scheint ausreichend sicher und kann die Behandlungsergebnisse
möglicherweise weiter verbessern. Weitgehend offen bleibt die optimale Dauer der Behandlung. Ein (bis maximal drei) Monate scheinen ausreichend, wenn
kein Eingriff erfolgt. Bei Angioplastien reicht die alleinige Vorbehandlung.5
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