Vitamin E bedenklich? Die Indikationsangaben von Vitamin-E-
Präparaten lauten meist lapidar "Vitamin-E-Mangel", so beispielsweise beim Marktführer OPTOVIT, von dem in Deutschland im Jahr in
öffentlichen Apotheken über 1,5 Mio. Packungen (40 Mio. Euro) verkauft werden. Eigentlich müssten solche Produkte unverkäuflich sein, da
die Existenz von Vitamin-E-Mangelkrankheiten bei Menschen nicht nachgewiesen ist. Das Geschäft läuft somit über andere Versprechungen, die nur
wenige Hersteller apothekenpflichtiger Produkte als Indikationen deklarieren, etwa die Firma Wiedemann für VITAMIN E Dragees: "vorzeitiges Altern,
klimakterische Beschwerden, Vitalitätsverlust, Leistungsschwäche" (Rote Liste 2002, 84 149). Andere Anbieter wecken solche Erwartungen im
Internet, beispielsweise Stada: "Vitamin E, in höheren Mengen zugeführt, verfügt über besondere Schutzwirkungen, vermutlich gegen
Krebs, Arteriosklerose, koronare Herzkrankheit und ...?" Belege hierfür fehlen. Im Gegenteil: Vitamin E schneidet in Studien mehrfach schlecht ab. In einer
randomisierten kontrollierten Doppelblindstudie mit 650 mindestens 60 Jahre alten Personen wird der Einfluss von 200 mg Vitamin E bzw. eines Multivitamin-Mineral-
Präparates auf akute Atemwegsinfektionen mit Scheinmedikament verglichen: Häufigkeit und Schwere akuter Atemwegsinfektionen bleiben dabei im
Studienzeitraum von 14 Monaten in beiden Verumgruppen unbeeinflusst. Wer jedoch eine Atemwegsinfektion erleidet, ist unter Vitamin E länger krank als unter
Plazebo (19 vs. 14 Tage) und hat häufiger Fieber (37% vs. 25%). Die Aktivität ist öfter eingeschränkt (52% vs. 41%). An Vitamin-E-Mangel litten
die Teilnehmer der Studie nicht. Nur bei einem der 650 Patienten (0,2%) stufen die holländischen Autoren die Vitamin-E-Ausgangsspiegel als
"suboptimal" ein (GRAAT, J.M. et al.: JAMA 2002; 288: 715-21). Auch in anderen Bereichen bleibt das Vitamin ohne Nutzen: Die Rate von Herzinfarkten
und Schlaganfällen sowie die Sterblichkeit aus kardiovaskulärer Ursache unterscheidet sich in einer großen Studie nicht von Plazebo (a-t 2000; 31: 22). Und in der kürzlich veröffentlichten Heart Protection Study bleibt ein Vitamin-Cocktail aus
Vitamin E, C und Betakaroten ohne Einfluss auf Sterblichkeit, schwere Herz-Kreislauf-Komplikationen und Krebserkrankungen (a-t 2002; 33: 83-4). Die präventive Einnahme von Vitamin E erscheint somit nicht nur nutzlos, sondern - zumindest
ab einem Alter von 60 Jahren - potenziell nachteilig, -Red.
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