2001 entzog die Europäische Kommission Appetithemmern wie Amfepramon (REGENON), Mefenorex (RONDIMEN) und Norpseudoephedrin
(MIRAPRONT N u.a.) die Zulassung (a-t 2001; 32: 63). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) annullierte jedoch
im November 2002 diesen Beschluss. Die Begründung: Die Kommission sei für solche Entscheidungen nicht zuständig, und, selbst wenn sie es
wäre, wären die Bescheide ungültig, da sie nicht auf aktuellen Daten basierten.1 Ähnlich argumentiert der EuGH Ende Januar 2003
auch in einem Urteil zu Fenfluramin (PONDERAX) und Dexfenfluramin (ISOMERIDE).2 Der Hersteller Servier hat allerdings hierzulande schon vor
Jahren auf die Zulassung dieser zentral wirksamen Anorektika verzichtet, die wegen Herzklappenschäden weltweit vom Markt genommen worden sind (a-t 1997; Nr. 10: 108).
Wenige Monate nach dem ersten Urteil bringt Temmler Pharma Amfepramon als REGENON wieder in den Handel. Die Firma ist dabei schlecht beraten. Zwar hat in
Deutschland das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf Grund des EuGH-Urteils den Vollzug des Widerrufs der Zulassung aufgehoben und
dadurch die Wiedervermarktung ermöglicht. Das damals parallel eingeleitete Stufenplanverfahren läuft jedoch weiter. Ein erneuter Widerruf der Zulassung
erscheint zum Schutz der Anwender zwingend erforderlich. Er ist auch möglich, denn das EuGH-Urteil basiert im Wesentlichen auf formaljuristischer
Prüfung der Zuständigkeitsfrage, und eine Revision ist zugelassen.
Nach wie vor sind die Wirksamkeitsnachweise für Amfepramon mangelhaft. 2001 wurden aus einem belgischen Universitätskrankenhaus neun Berichte
Über pulmonale Hypertonien in Verbindung mit Amfepramon gemeldet. Dreimal ist Amfepramon der alleinige Risikofaktor. Sechs Patienten haben zeitgleich
Fenfluramin oder Phentermin (hierzulande nicht mehr im Handel) eingenommen.3
Die erneute Markteinführung des Appetithemmers Amfepramon
(REGENON) basiert auf juristischer Wertung von Zuständigkeitsfragen und nicht auf der Beurteilung wissenschaftlicher Daten.
Die Nutzen-Schaden-Abwägung erachten wir als negativ. Lebensbedrohliche
Risiken wie pulmonale Hypertonie sind für Amfepramon eindeutig belegt, nicht aber ein therapeutischer Nutzen.
Die erneute Vermarktung lässt auf Kenntnismängel zu Sicherheitsfragen
bei der Firma Temmler schließen - und auf mangelndes Verantwortungsbewusstsein.
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