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Im Blickpunkt

HERZINFARKT MIT HERZINSUFFIZIENZ:
VALSARTAN SO GUT WIE CAPTOPRIL?

Die frühzeitige Einnahme eines ACE-Hemmers senkt die Sterblichkeit von Patienten mit akutem Herzinfarkt und Zeichen der Herzinsuffizienz.1 Der Stellenwert von Angiotensin (AT)-II-Antagonisten ist unsicher. Bei chronischer Herzinsuffizienz ist Gleichwertigkeit mit ACE-Hemmern nicht belegt. In einer ersten Studie bei Herzinsuffizienz nach Herzinfarkt schneidet Losartan (LORZAAR) schlechter ab als Captopril (LOPIRIN u.a.; OPTIMAAL-Studie*; a-t 2002; 33: 90-1).2

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OPTIMAAL = Optimal Trial in Myocardial Infarction with the Angiotensin-II-Antagonist Losartan

Jetzt erscheint eine vom Hersteller Novartis gesponserte Studie, in der der AT-II-Blocker Valsartan (DIOVAN, PROVAS) oder eine Kombination aus Valsartan plus Captopril mit Captopril verglichen werden (VALIANT**, s. auch Seite 113). 14.808 durchschnittlich 65 Jahre alte Patienten beginnen zwölf Stunden bis zehn Tage nach akutem Herzinfarkt, der durch Zeichen einer Herzinsuffizienz, eine linksventrikuläre Dysfunktion oder beides kompliziert wird, mit der Einnahme von täglich 20 mg Valsartan, 6,25 mg Captopril oder einer Kombination aus beiden zusätzlich zur Standardtherapie. Zieldosis ist zweimal täglich 160 mg Valsartan - das Doppelte der zugelassenen maximalen Tagesdosis - bzw. dreimal täglich 50 mg Captopril. Beim Kombinationsregime wird Valsartan nur bis zu zweimal täglich 80 mg aufdosiert. Die Studie ist primär auf Überlegenheit des AT-II-Blockers angelegt, sieht aber bei nicht nachgewiesener Überlegenheit auch eine Analyse auf Nichtunterlegenheit vor. Primärer Endpunkt ist die Gesamtsterblichkeit.3

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VALIANT = The Valsartan in Acute Myocardial Infarction Trial

Nach medianer Studiendauer von 24,7 Monaten sind im Valsartanarm 19,9% (979 von 4.909) Patienten verstorben im Vergleich zu 19,5% (958 von 4.909) unter Captopril und 19,3% (941 von 4.885) unter der Kombination. Valsartan bringt somit als Alternative oder Zusatz zu Captopril keinen Vorteil gegenüber dem ACE- Hemmer allein. Werden nur die beiden Monotherapie-Arme verglichen, liegt die obere Grenze des 97,5%-igen Vertrauensintervalls für das Sterblichkeitsrisiko (0,90 bis 1,11, bei einem relativen Risiko von 1) innerhalb des vorgegebenen Bereichs von bis zu 1,13, für den Nichtunterlegenheit angenommen wird. Auch bei sekundären Endpunkten wie kardiovaskulärer Sterblichkeit sowie in sämtlichen Subgruppenanalysen nach Alter, Geschlecht oder Schwere der Herzinsuffizienz ergibt sich kein Unterschied. Im Gegensatz zu ELITE II*** und Val-HeFT****, aber im Einklang mit CHARM***** (a-t 2003; 34: 81-2) ergibt sich auch in der Untergruppe derjenigen, die einen Betablocker einnehmen (70%), kein Hinweis auf eine nachteilige Wirkung des AT-II-Blockers.3

***

ELITE = Evaluation of Losartan in the Elderly

****

ValHeFT = Valsartan Heart Failure Trial

*****

CHARM = Candesartan in Heart failure Assessment of Reduction in Mortality and morbidity

Valsartan geht häufiger mit Blutdruckabfall und Nierenschädigung einher, Captopril häufiger mit Husten, Hautausschlag oder Geschmacksstörung. Unter der Kombination addieren sich die Schadeffekte. Sie muss signifikant häufiger wegen unerwünschter Wirkungen abgesetzt werden als Captopril allein, Captopril wiederum signifikant häufiger als Valsartan allein.3

Die Autoren schließen aus der Studie auf Gleichwertigkeit zwischen Valsartan und Captopril.3 Als Ursache für das schlechtere Abschneiden des AT-II- Blockers Losartan bei ähnlichen Patienten in der OPTIMAAL-Studie wird eine zu geringe Zieldosis diskutiert.4 Da in der VALIANT-Studie etwa jeder fünfte Teilnehmer die Medikation vorzeitig absetzt und von 0,9% der Patienten bei Studienabschluss nicht bekannt ist, ob sie leben oder verstorben sind,3 hätte unseres Erachtens das Ergebnis ähnlich wie in OPTIMAAL durch eine Per-Protokoll-Analyse gesichert werden müssen, in die nur die Patienten eingehen, die die Studie protokollgemäß beenden. Eine solche Analyse liegt nicht vor.******Der Nichtunterlegenheitsbereich ist zudem so weit gefasst, dass Valsartan noch als gleichwertig gilt, wenn es nur 55% des Mortalitätsvorteils erzielt, der für Captopril gegenüber Plazebo nachgewiesen ist.

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NICHTUNTERLEGENHEITS­STUDIEN:
Die methodischen Anforderungen an Nichtunterlegenheitsstudien sind hoch, da tatsächlich vorhandene Unterschiede zwischen Therapieoptionen in kontrollierten Studien durch Mängel in Design, Durchführung und Auswertung eher verschleiert werden. Während die Intention-to-Treat-Analyse (ITT) in Überlegenheitsstudien eher ein „konservatives Bias” gegen die Prüfhypothese verursacht, weil durch Einbeziehung auch derjenigen, die das Protokoll verletzen und z.B. die Medikation gar nicht einnehmen oder vorzeitig absetzen, ein eventueller Unterschied tendenziell unterschätzt wird, bringt diese Tendenz der ITT in Nichtunterlegenheitsstudien eher die Gefahr mit sich, eine Gleichwertigkeit anzunehmen, wo keine ist. Für ein robustes Ergebnis wird daher in diesen Studien unter anderem gefordert, dass auch in der Per-Protokoll-Analyse kein Unterschied zu erkennen ist.5 Die in der VALIANT-Studie präsentierte Per-Protokoll-Analyse ist aber wie eine modifizierte ITT definiert („alle, die mindestens eine Dosis der Studienmedikation erhalten haben”), sodass darin die Mehrzahl der Studienabbrecher miterfasst sein dürfte und nicht nur die Patienten, die die Studie protokollgemäß beendet

 ACE-Hemmer wie Captopril (LOPIRIN u.a.) senken die Sterblichkeit nach Herzinfarkt mit Zeichen der Herzinsuffizienz oder linksventrikulärer Dysfunktion.

 Der Angiotensin-II-Antagonist Valsartan (DIOVAN, PROVAS) hat, allein oder in Kombination mit Captopril, bei dieser Indikation in der VALIANT-Studie keinen Vorteil gegenüber Captopril allein. Die Kombination wird aber schlechter vertragen.

 Die Daten der VALIANT-Studie scheinen Gleichwertigkeit von Valsartan mit Captopril nahezulegen. Die Verlässlichkeit dieses Ergebnisses lässt sich jedoch aufgrund von Studienmängeln nicht beurteilen. Auch vor dem Hintergrund der bisherigen Daten zu AT-II-Blockern bei Herzinsuffizienz ist ein weniger anfechtbarer Beleg erforderlich, bevor von Gleichwertigkeit auszugehen ist.

 Die besser geprüften und generisch verfügbaren ACE-Hemmer bleiben Mittel der Wahl.

© 2003 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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