"Wir haben die Preise von SINGULAIR gesenkt", verkündet eine Pharmareferentin der Firma Dieckmann einem unserer Abonnenten.
Peinlich nur, dass der Arzt Bescheid weiß. Die Firma hat keinen Cent nachgelassen. Die Preisreduktion beruht auf der seit Jahresbeginn geringeren
Handelsspanne der Apotheken bei teuren verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (vgl. a-t 2003; 34: 107-8). Firmen
können offensichtlich der Versuchung nicht widerstehen, sich mit fremden Federn zu schmücken und Ärzte für dumm zu verkaufen.
Gravierender erscheinen uns jedoch verdeckte Kostensteigerungen im Zuge der neuen Preisberechnung. Bei der Kontrolle der Arzneimittelpreise für unsere atd
Arzneimitteldatenbank** fällt auf, dass verschiedene Produkte 2003 und 2004 zu exakt demselben Verkaufspreis angeboten werden. Da seit Jahresbeginn in
Apotheken auch bei Hochpreisprodukten neben einem Aufschlag von 3% lediglich ein Festaufschlag von 8,10 € berechnet werden darf, hätten die Preise
niedriger liegen müssen. Einige Hersteller versuchen somit, den Erlös aus der administrativ verordneten Kostensenkung, der den Krankenkassen und
damit den Patienten zu Gute kommen sollte, auf das eigene Konto umzuleiten. Sie haben den Herstellerabgabepreis bzw. den Apothekeneinkaufspreis so
erhöht, dass die Apothekenverkaufspreise trotz Reduktion der Handelsspanne gleich oder fast gleich geblieben sind. Hierzu einige Beispiele (s. auch Tabelle
auf Seite 2):
Cell pharm erhöht den Apothekeneinkaufspreis von 10 Injektionsflaschen Bleomycin (BLEO-CELL 15) um 25% (von 531,23 € auf 662,62
€). Der Verkaufspreis beträgt deshalb nach wie vor 801,10 €.
Tropon erhöht den Apothekeneinkaufspreis von 5 Hyaluronsäure-Fertigspritzen (HYALART) um 21% (von 157,32€ auf 190,70
€). Der Apothekenverkaufspreis von 237,24 € bleibt dadurch gleich.
Manche Firmen gehen offenbar davon aus, dass sich die Verwender von Impotenzmitteln an das Hochpreisniveau von Phosphodiesterasehemmern gewöhnt
haben. So erhöht Bayer den Apothekeneinkaufspreis von 12 Vardenafil-Tabletten zu 5 mg (LEVITRA) um 16% und hält so den
Verkaufspreis von 114,02 € konstant.
Der Verkaufspreis von 4 Tabletten zu 20 mg Tadalafil (CIALIS) liegt jetzt um 15 Cent höher. Dabei nimmt Lilly auf der Basis der
Apothekeneinkaufspreise 6% mehr ein (32,43 € statt 30,59 €). Lapidarer Kommentar der Firma: "Wir sind überzeugt, dass der Preis ... in einem
angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis für den Endverbraucher steht".1
Auch manche orale Kontrazeptiva behalten ihre gewohnten Verkaufspreise, zum Beispiel die Dreimonatspackungen von OVORESTA M, PETIBELLE und YASMIN.
Der positive Begleiteffekt: Um die Preiskontinuität zu wahren, haben die Hersteller die Apothekeneinkaufspreise um 1% bzw. 2% (um 20 bis 30 Cent) gesenkt.
Tabelle: Versteckte Preiserhöhungen - Beispiele für Arzneimittel, deren Apothekeneinkaufspreise so erhöht worden sind, dass die
Apothekenverkaufspreise trotz der seit Jahresbeginn verringerten Handelsspanne gleich geblieben sind (VK = Apothekenverkaufspreis einschließlich 16%
MwSt; Apothekeneinkaufspreise ohne MwSt)
Manche Hersteller wie Bayer, cell pharm oder Tropon nutzen die durch die Gesundheitsreform bedingten niedrigeren Apothekenaufschläge im
höherpreisigen Segment für "versteckte" Preiserhöhungen.
Betroffen sind nicht nur Arzneimittel, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung gehen, sondern auch Mittel gegen Impotenz, die die Anwender
üblicherweise auf Privatrezept erhalten.
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