logo
logo
Die Information für medizinische Fachkreise
Neutral, unabhängig und anzeigenfrei
vorheriger Artikela-t 2004; 35: 44 
Netzwerk aktuell

Angst und aggressive Durchbrüche unter Depot-Risperidon (RISPERDAL CONSTA): Im Gegensatz zu klassischen Depot-Neuroleptika wie z.B. Haloperidoldecanoat (HALDOL DECANOAT) liegt Depot-Risperidon (RISPERDAL CONSTA) mikroverkapselt in einem Copolymer aus Milch- und Glykolsäure vor. Es wird alle zwei Wochen injiziert. Der Wirkstoff wird jedoch haupstsächlich erst ab der dritten Woche freigesetzt (initial weniger als 1%). Daher müssen die Patienten in den ersten drei Wochen die bisherige orale Dosis weiter einnehmen. Konstante Plasmaspiegel werden erst nach der vierten Injektion erreicht. Dies kompliziert eventuell vorzunehmende Dosiserhöhungen (frühestens nach jeweils vier Wochen) bzw. den Umgang mit vergessenen oder verspäteten Injektionen. Eine Fachärztin für Psychiatrie berichtet über zwei Mitte 50- bzw. Mitte 60-jährige Patienten mit Schizophrenie, bei denen nach drei bis vier Injektionen von Depot-Risperidon plötzlich innere Unruhe, Getriebenheit, Akathisie, Angst und Spannungsgefühl sowie aggressive Durchbrüche auftreten. Sie vermutet, dass "individuell unterschiedlich bei einigen Personen das Medikament schlagartig in höheren Konzentrationen freigesetzt wird und so zu unerwünschten, sehr quälenden Nebenwirkungen führen kann...". Sie befürchtet zudem, dass durch die dreiwöchige Latenz bis zur Freisetzung des Wirkstoffs Patienten infolge zu früher Dosissteigerung "zu hoch dosiert werden in der Annahme, dass die Dosis noch nicht ausreicht" (NETZWERK-Berichte 13.170, 13.171). Als mögliche Ursache kommt aber auch unzureichende Wirksamkeit der Depot-Zubereitung in Frage. Die Autoren eines COCHRANE-Reviews kommen nach Auswertung von zwei Studien, in denen das Depot-Neuroleptikum mit Plazebo bzw. Risperidon-Tabletten verglichen wird, zu dem Schluss, dass es "keine verlässlichen Daten gibt, die den Anspruch unterstützen, dass Depot-Risperidon für Menschen mit Schizophrenie nützlich ist." Bei 56% Studienabbrechern sei es zudem schwer vorstellbar, dass das Mittel die Compliance verbessert (HOSALLI, P., DAVIS, J.M., Depot risperidone for schizophrenia in: The COCHRANE Library, Issue 1, Chichester, UK: John WILEY & Son, Ltd. 2004). Extrapyramidal motorische Symptome sind bei höheren Dosierungen des Depots (50 mg [= offizielle Maximaldosis] bzw. 75 mg) mit 24% bzw. 29% häufig und erfordern bei fast jedem vierten Patienten eine anticholinerge Zusatztherapie (KANE, J.M. et al.: Am. J. Psychiatry 2003; 160: 1125-32). Langzeitdaten zu Depot-Risperidon aus kontrollierten randomisierten Studien fehlen.

© 2004 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

Diese Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit Genehmigung des arznei-telegramm® gestattet.

vorheriger Artikela-t 2004; 35: 44