ATAZANAVIR (REYATAZ) BEI HIV-INFEKTION |
Seit März ist mit Atazanavir (REYATAZ) der siebente Proteaseinhibitor auf dem Markt. Im Gegensatz zu den USA ist die europäische Zulassung auf bereits antiretroviral vorbehandelte HIV-1-infizierte Patienten beschränkt. Als Besonderheiten werden die einmal tägliche Dosierung und der fehlende Einfluss auf Cholesterinwerte angegeben, die unter anderen Proteasehemmern regelmäßig ansteigen. HINTERGRUND: Atazanavir blockiert wie andere Proteasehemmer die HI-virusspezifische Protease. Es kommt zur Produktion defekter, nicht vermehrungsfähiger Virusbestandteile. Proteaseinhibitoren werden als Bestandteil einer hochaktiven antiretroviralen Therapie ("HAART") mit zwei nukleosidalen Reverse-Transkriptasehemmstoffen kombiniert. 300 mg Atazanavir sollen zusammen mit 100 mg Ritonavir (NORVIR) und einer Mahlzeit eingenommen werden. Der Proteasehemmer Ritonavir dient dabei ausschließlich der Erhöhung des Plasmaspiegels von Atazanavir ("Booster") durch Hemmung seines hepatischen Abbaus und wirkt in dieser Dosierung selbst nicht antiretroviral. WIRKSAMKEIT: Studien mit klinischen Endpunkten (AIDS-definierende Erkrankungen, Mortalität) liegen nicht vor. Die europäische
Zulassung basiert auf einer einzigen Studie, die nicht veröffentlicht und offenbar noch nicht einmal komplett ausgewertet ist.1 358 Patienten, die zuvor
auf mindestens zwei Kombinationstherapien nicht mehr angesprochen haben, erhalten als Proteasehemmer täglich 300 mg Atazanavir plus 100 mg Ritonavir
oder 400 mg Atazanavir plus 1.200 mg Saquinavir (INVIRASE) bzw. 800 mg Lopinavir plus 200 mg Ritonavir (KALETRA). Als Begleittherapie dienen in allen Gruppen
täglich 300 mg Tenofovir (VIREAD) und ein weiterer nukleosidaler Reverse-Transkriptasehemmer. Die Viruslast wird nach 24 bzw. 48 Wochen durch
Atazanavir/Ritonavir ähnlich gut beeinflusst wie durch Lopinavir/Ritonavir. Subgruppenauswertungen weisen jedoch darauf hin, dass die
Atazanavir/Ritonavir-Kombination bei Resistenz gegenüber anderen Proteasehemmern oder bei Vorliegen von mehr als drei Mutationen der viralen Protease
unterlegen ist. Atazanavir/Saquinavir wirkt in allen Auswertungen schlechter als die beiden anderen Kombinationen.1 Täglich 400 mg ungeboostertes
Atazanavir schneidet in einer unveröffentlichten Studie mit 300 ebenfalls vorbehandelten Patienten schlechter ab als Lopinavir/Ritonavir.1,2 Eine dritte
Studie bei vorbehandelten Patienten ist wegen hoher Drop-out-Rate in der Vergleichsgruppe nicht verwertbar.3 Auf Grund der zweifelhaften Datenlage war
die Zulassung auch innerhalb der EMEA umstritten.1 Der Proteasehemmer Atazanavir (REYATAZ) wird auf Grundlage einer unveröffentlichten Studie für vorbehandelte HIV-1-infizierte Patienten
zugelassen. Subgruppenauswertungen weisen auf eine Unterlegenheit gegenüber Lopinavir/Ritonavir (KALETRA) bei Patienten mit gegenüber
Proteasehemmern resistenten HI-Virusstämmen bzw. Mehrfachmutationen der Virusprotease hin. |
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