Bei chronischer atherosklerotischer Erkrankung wie stabiler koronarer Herzerkrankung gilt in evidenzbasierten Leitlinien1 Clopidogrel (ISCOVER,
PLAVIX) als Reservemittel, wenn niedrig dosierte Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN u.a.) nicht vertragen wird, z.B. wegen eines peptischen Ulkus. Ob ein
Umsetzen auf Clopidogrel das Risiko für Rezidive und Blutungen tatsächlich senkt, wurde bisher nicht systematisch untersucht. In einer
Beobachtungsstudie bei Patienten mit peptischem Ulkus (mit oder ohne ASS-Vorbehandlung) ist die Rate der Ulkuskomplikationen unter Clopidogrel mit 12%
innerhalb eines Jahres unerwartet hoch.2
In einer aktuellen monozentrischen Interventionsstudie aus Hongkong erhalten 320 Patienten nach Blutung eines peptischen Geschwürs unter niedrig dosierter
ASS zunächst einen Protonenpumpenhemmer und im Falle des Nachweises von Helicobacter pylori eine Eradikationsbehandlung. Bei endoskopisch
gesicherter Ulkusheilung und erfolgreicher Eradikation wird die antithrombotische Therapie randomisiert entweder mit täglich 75 mg Clopidogrel (plus Plazebo)
oder 80 mg ASS plus 2 x 20 mg Esomeprazol (NEXIUM) wieder aufgenommen. Obere
gastrointestinale Blutungen (primärer Endpunkt) treten innerhalb eines Jahres unter Clopidogrel bei 8,6% und unter ASS plus Esomeprazol bei 0,7% der
Patienten auf (absolute Risikoreduktion 7,9%, 95% Konfidenzintervall [CI] 3,4% bis 12,4%, p = 0,001). Dickdarmblutungen sind in beiden Gruppen gleich häufig
(4,6%). Andere schwere Hämorrhagien kommen nur bei drei Patienten unter Clopidogrel vor. Ischämische Komplikationen erleiden elf Patienten unter ASS
und neun unter Clopidogrel. Acht Patienten sterben in der Clopidogrelgruppe, vier unter ASS.3
Die Studie stellt die Sicherheit von Clopidogrel bei Patienten nach Ulkusblutung und negativem H.-pylori-Status in Frage und widerspricht derzeitigen
Leitlinienempfehlungen.1 Die Umstellung auf Clopidogrel ist nach diesen Ergebnissen auch nach Ansicht eines begleitenden Editorials4 nicht zu
rechtfertigen. Unklar bleibt jedoch, ob die in der Studie verwendete ungewöhnlich hohe Dosis eines Protonenpumpenhemmers als Zusatz zu ASS erforderlich
ist oder ob gleiche Ergebnisse mit den für die Ulkusprävention bei Therapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika geprüften5,6 und
zugelassenen Tagesdosierungen von z.B. 20 mg Omeprazol (ANTRA u.a.) oder Esomeprazol erreichbar sind.
Indirekte Hinweise hierzu stammen aus einer weiteren, kleinen randomisierten Studie mit Patienten nach Heilung eines unter niedrig dosierter ASS aufgetretenen
blutenden Ulkus. Nach H.-pylori-Eradikation beträgt die Rate der rezidivierenden Ulkuskomplikationen unter täglich 30 mg Lansoprazol
(AGOPTON, LANZOR; entspricht etwa 20 mg Omeprazol) als Zusatz zu 100 mg ASS im Verlauf eines Jahres 1,6%. ASS allein führt dagegen bei 14,8% zu einer
Komplikation (relatives Risiko 9,6; 95% CI 1,2 bis 76,1).7
Neue Studiendaten sprechen gegen die Umstellung auf Clopidogrel (ISCOVER,
PLAVIX) bei Patienten nach Ulkusblutungen unter niedrig dosierter Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN u.a.) und für eine Fortsetzung der Prophylaxe mit
niedriger ASS-Dosierung (75 mg bis 100 mg) in Kombination mit einem Protonenpumpenhemmer.
Die Ergebnisse gelten für Helicobacter-pylori-negative Patienten.
Unklar bleibt die in dieser Situation erforderliche Dosierung des
Protonenpumpenhemmers.
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