Die unerwünschten Wirkungen von Arzneimitteln werden in den Fachinformationen nach internationalen Vereinbarungen meist mit standardisierten
Häufigkeitsangaben aufgeführt: "sehr selten" (unter 0,01%), "selten" (0,01% bis 0,1%), "gelegentlich" (0,1% bis 1%),
"häufig" (1% bis 10%) und "sehr häufig" (über 10%). Üblicherweise beruhen Häufigkeitsangaben auf gepoolten
Studiendaten oder großen klinischen Studien.1 Genau genommen gelten sie nur für die in diesen Untersuchungen erfassten Situationen. Die
Angaben eignen sich dennoch als Anhalt für die Risikoabschätzung.
In der Fachinformation der gegen Restless-legs-Syndrom angebotenen Levodopa-Benserazid-Kombination RESTEX wurden bislang psychische Störungen wie
Unruhezustand, Angst, depressive Verstimmung u.a. sowie Appetitminderung und Übelkeit als sehr häufige, Herzrhythmusstörungen sowie
Erbrechen und Diarrhö als häufige Nebenwirkungen eingestuft.2 Die aktuelle Fachinformation von RESTEX vom Februar 2005 weist jetzt
hingegen alle Nebenwirkungen als "sehr selten" aus (Ausnahme: allergische Hautreaktionen: selten).3 Die Levodopa-Kombination
ist jedoch nicht plötzlich um drei oder vier Zehnerpotenzen verträglicher geworden, sondern die Roche AG hat lediglich die Berechnungsgrundlage
verändert - und dies sogar mit behördlicher Genehmigung.4 Statt auf Studien bezieht die Firma die Häufigkeitsangaben jetzt auf die
"Anzahl der Patienten weltweit, die bisher mit der Kombination ... behandelt wurden", und die Zahl "der erhaltenen Berichte über
unerwünschte Ereignisse".3 Solche Berechnungen auf der Basis von Spontanmeldungen sind unzulässig und grob irreführend. Da
Nebenwirkungen in den meisten Ländern schlecht und zum Teil sogar überhaupt nicht gemeldet werden, erhält Roche durch diesen Kunstgriff
Angaben, die gute Verträglichkeit vortäuschen. Das im Prinzip nützliche Instrument der Fachinformation wird dadurch zu einer Quelle systematischer
Desinformation. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) will jetzt für Nachbesserung sorgen,5 -Red.
| 1 | European Commission: A Guideline on
Summary of Product Characteristics, Dec. 1999 |
| 2 | Roche AG: Fachinformation RESTEX,
Stand Juli 2003 |
| 3 | Roche AG: Fachinformation RESTEX,
Stand Feb. 2005 |
| 4 | Roche AG: Schreiben vom 2. Juni
2005 |
| 5 | BfArM: Schreiben vom 6. Juni
2005 |
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