NOCHMALS: | |||||||||||||||||||
Infektionen der tiefen Atemwege gehören zu den häufigsten Erkrankungen in der Allgemeinpraxis. Abgesehen von Ausnahmen wie
Exazerbationen der chronischen Bronchitis bei COPD sind Antibiotika nur bei Verdacht auf Pneumonie angezeigt (a-t 1994;
Nr. 12: 115-7). Die Prävalenz einer Pneumonie bei ambulanten Patienten mit Husten ist jedoch im Allgemeinen gering: Sie liegt nach US-amerikanischen
Daten unter 5%.1 Nach wie vor werden dennoch auch bei der akuten Bronchitis Antibiotika verordnet, obwohl der Beleg für einen relevanten Nutzen
fehlt. Nach einer systematischen Übersicht doppelblinder randomisierter Studien mit insgesamt über 750 Patienten nimmt die Dauer des Hustens unter
Antibiotikaeinnahme um einen halben Tag ab, bei einem Trend zu häufigeren unerwünschten Wirkungen, hauptsächlich Magen-Darm-
Störungen wie Übelkeit und Erbrechen.1
Sofortige oder verzögerte Antibiotikatherapie hat keinen Einfluss auf die Dauer des Hustens und die Ausprägung von Beschwerden wie Dyspnoe, Auswurf oder Schlafstörungen an den Tagen 2 bis 4 nach Arztbesuch (primäre Endpunkte).** Auch ältere Patienten und solche mit gefärbtem Auswurf profitieren nicht.3 Nach Einschätzung des begleitenden Editorials bietet die Studie die bislang verlässlichste Information über den natürlichen Verlauf einer akuten Bronchitis: Der Husten besteht vor dem Aufsuchen des Arztes durchschnittlich 10 Tage, anschließend nochmal 12, bei einem Viertel sogar 17 Tage und länger. Er hält also mit und ohne Antibiotika durchschnittlich drei Wochen lang an.3,4
Die Rate der Wiedervorstellungen wegen Hustens wird durch die sofortige Verordnung eines Antibiotikums gesenkt (von 19% auf 11%). Sie sinkt allerdings auch durch das Angebot einer verzögerten Antibiotikatherapie (12%).3 Eine Schwäche der Studie ist die mit 20% relativ hohe Rate an fehlender Nachbeobachtung. Dass sich die Patienten mit fehlendem Follow up im folgenden Monat seltener wieder vorstellen als die mit vollständiger Nachbeobachtung (6% vs. 15%), werten die Autoren allerdings als Hinweis, dass ein schwererer Erkrankungsverlauf in dieser Subgruppe unwahrscheinlich ist. Dies erscheint plausibel, eine weniger lückenhafte Nachbeobachtung wäre aber wünschenswert gewesen. Ein Patient in der Gruppe ohne Antibiotika entwickelt eine Pneumonie, von der er sich nach stationärer Behandlung vollständig erholt.3 Eine signifikante Zunahme unerwünschter Antibiotikawirkungen wie Durchfall wird nicht beobachtet.3 Unklar bleibt jedoch, ob Störwirkungen systematisch erfasst wurden. Eine große randomisierte Studie in britischen Allgemeinpraxen bestätigt: Antibiotika haben keinen Nutzen bei akuter Bronchitis. Mit oder ohne Antibiotika dauert der Husten bei akuter Bronchitis durchschnittlich drei Wochen. Kein Antibiotikum verordnet zu bekommen oder erst bei Bedarf, wenn sich die Symptomatik nicht bessert, wird von der Mehrzahl der Patienten mit akuter Bronchitis akzeptiert. Diese Verordnungsstrategien senken den Antibiotikagebrauch, dürften so das Risiko unerwünschter Wirkungen und die Gefahr von Resistenzen mindern und helfen nicht zuletzt, überflüssige Kosten zu meiden.
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