LANGWIRKENDE BETAMIMETIKA BEI ASTHMA... Anwendungsbeschränkungen in den USA
Langwirkende Betamimetika wie Salmeterol (SEREVENT u.a.; in VIANI u.a.) stehen seit Langem im Verdacht, in der Asthmabehandlung seltene, aber schwerwiegende Komplikationen wie asthmabedingte Intubationen oder Todesfälle zu fördern (a-t 2005; 36: 74 und 2006; 37: 65). In den USA hat die Diskussion jetzt Konsequenzen: Im Februar hat die Arzneimittelbehörde FDA strikte Anwendungsbeschränkungen für den Gebrauch dieser Bronchodilatatoren erlassen.1,2 Die Monotherapie mit langwirkenden Betamimetika soll in zukünftigen Fachinformationen bei Asthma als Kontraindikation ausgewiesen werden. Sie sollen bei Asthma nur noch zusammen mit anderen Basismedikamenten wie inhalativen Kortikosteroiden verwendet werden dürfen. Bei Kindern und Jugendlichen, die die Kombination benötigen, soll die vorschriftsmäßige Anwendung durch Gebrauch von Fixkombinationen gewährleistet werden.1,2 Während die erste Maßnahme etablierten Leitlinienempfehlungen3-5 entspricht und die zweite mit diesen Empfehlungen zumindest kompatibel ist, will die FDA darüber hinaus den Gebrauch von langwirkenden Betamimetika bei Asthma insgesamt einschränken, solange nicht durch große Studien sichergestellt ist, dass die Risiken dieser Mittel bei Kombination mit Kortikoiden nicht bestehen. So sollen langwirkende Betamimetika nur solange angewendet werden, bis eine adäquate Asthmakontrolle erreicht ist. Dann sollen sie, wenn möglich, wieder abgesetzt werden. Eine Langzeittherapie mit langwirkenden Betamimetika soll den Patienten vorbehalten bleiben, die mit Medikamenten wie inhalativen Kortikosteroiden allein nicht auskommen.1,2,6 Diese neue Anordnung widerspricht den bisherigen Leitlinienempfehlungen, die als ersten Schritt zur Reduktion von Asthmamitteln bei stabiler Erkrankung nicht den Verzicht auf langwirkende Betamimetika, sondern die Senkung der Steroiddosis befürworten.3-5
Die derzeitige Datenlage zu langwirkenden Betamimetika spricht für ihre restriktive Handhabung bei Asthma. In Metaanalysen von Studien, in denen sie allein oder nur teilweise zusammen mit Kortikosteroiden verwendet wurden, nehmen schwerwiegende unerwünschte Ereignisse unter den Betamimetika konsistent zu.7-9 Mehrere neue Metaanalysen gehen jetzt der Frage nach, ob dieses Risiko auch besteht, wenn die Mittel regulär mit inhalativen Kortikosteroiden kombiniert werden.10-15 In der Mehrzahl der Arbeiten, die abhängig vor allem von der Fragestellung jeweils etwas unterschiedliche Datenpools auswerten, zeigt sich auch bei regelrechter Kombinationstherapie eine zumeist nicht signifikant erhöhte Sterberate, erhöhte Asthmasterberate oder Zunahme schwerwiegender nichttödlicher Komplikationen. Die Ereignisraten sind jedoch insgesamt so gering, dass die Trennschärfe der Analysen nicht ausreicht, relevante Risikoerhöhungen mit hinreichender Sicherheit nachzuweisen oder auszuschließen. Eine im April publizierte Arbeit findet bei gemeinsamer Auswertung von Studien mit mindestens dreimonatiger Laufzeit zu Salmeterol oder Formoterol (FORADIL, Generika; in SYMBICORT u.a.) bei Erwachsenen oder Kindern auch bei gleichzeitiger Anwendung inhalativer Kortikosteroide eine signifikant erhöhte Komplikationsrate unter den langwirkenden Betamimetika, mit einem relativen Risiko asthmabedingter Intubation oder asthmabedingten Todes von 3,65 (95% Konfidenzintervall [CI] 1,39 bis 9,55). Das absolute Risiko steigt nach Schätzung der Autoren von etwa 3 pro 10.000 Anwender pro Jahr auf 10 pro 10.000 pro Jahr. Auch dieses Ergebnis beruht auf sehr wenigen Komplikationen (insgesamt 17) und auf Studien, die auf diese Endpunkte nicht angelegt waren, und ist daher mit Vorsicht zu interpretieren.15
Die neuen Anwendungsbeschränkungen der FDA tragen dem nachgewiesenen symptomatischen Nutzen langwirkender Betamimetika bei Asthma Rechnung und schützen gleichzeitig Patienten, die langfristig auch ohne auskommen, vor den möglichen, derzeit nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließenden lebensbedrohlichen Risiken. Um diese Frage zu klären, fordert die FDA von den Herstellern jetzt zudem die längst überfälligen großen Sicherheitsstudien zu langwirkenden Betamimetika in Kombination mit inhalativen Kortikosteroiden bei Asthma im Vergleich mit inhalativen Kortikosteroiden allein.1,2
Aus neueren Metaanalysen randomisierter kontrollierter Studien ergibt sich ein Risikosignal, dass langwirkende Betamimetika wie Salmeterol (SEREVENT u.a.; in VIANI u.a.) die Häufigkeit seltener schwerwiegender Asthmakomplikationen und Todesfälle nicht nur in der Monotherapie, sondern auch bei regulärer gleichzeitiger Anwendung inhalativer Kortikosteroide erhöhen könnten.
Langwirkende Betamimetika sollten daher beim derzeitigen Kenntnisstand nur zusätzlich zu inhalativen Kortikosteroiden, aber auch in der Kombination nur so lange verwendet werden, bis eine stabile Asthmakontrolle erreicht ist, und dann, wenn möglich, wieder abgesetzt werden. Langfristig sollten nur die Patienten langwirkende Betamimetika verwenden, die mit inhalativen Kortikosteroiden allein nicht auskommen.
Die unzureichend geklärte Frage der Sicherheit langwirkender Betamimetika soll jetzt in großen randomisierten Studien geprüft werden.
(M = Metaanalyse) | ||
1 | FDA: Presseerklärung vom 18. Februar 2010; http://www.fda.gov/NewsEvents/Newsroom/PressAnnouncements/ucm200931.htm | |
2 | FDA: Drug Safety Communication vom 18. Febr. 2010; http://www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/PostmarketDrugSafetyInformationforPatientsandProviders/ucm200776.htm | |
3 | Bundesärztekammer et al.: Nationale Versorgungsleitlinie Asthma, 2. Aufl. Dez. 2009; http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/asthma/pdf/nvl_asthma_lang.pdf | |
4 | Scottish Intercollegiate Guidelines Network: British Guideline on the Management of Asthma; Juni 2009; http://www.sign.ac.uk/pdf/sign101.pdf | |
5 | Global Initiative for Asthma: Global Strategy for Asthma Management and Prevention, Stand 2009; zu finden unter: http://www.ginasthma.org/Guidelineitem.asp??l1=2&l2=1&intId=1561 | |
6 | CHOWDHURY, B.A., PAN, G.D.: N. Engl. J. Med. 2010; 362: 1169-71 | |
M | 7 | SALPETER, S.R. et al.: Ann. Intern. Med. 2006; 144: 904-12 |
M | 8 | CATES, C.J. et al.: Regular treatment with formoterol for chronic asthma: serious adverse events. The Cochrane Database of Systematic Reviews, Stand Aug. 2008; Zugriff Mai 2010 |
M | 9 | CATES, C.J. et al.: Regular treatment with salmeterol for chronic asthma: serious adverse events. The Cochrane Database of Systematic Reviews, Stand Aug. 2009; Zugriff Mai 2010 |
M | 10 | SEARS, M.R. et al.: Eur. Respir. J. 2009; 33: 21-32 |
M | 11 | WEATHERALL, M. et al.: Thorax 2010; 65: 39-43 |
M | 12 | CATES, C.J. et al.: Regular treatment with formoterol and inhaled steroids for chronic asthma: serious adverse events. The Cochrane Database of Systematic Reviews, Stand Nov. 2008; Zugriff Mai 2010 |
M | 13 | CATES, C.J. et al.: Regular treatment with salmeterol and inhaled steroids for chronic asthma: serious adverse events. The Cochrane Database of Systematic Reviews, Stand April 2009; Zugriff Mai 2010 |
M | 14 | JAESCHKE, R. et al.: Am. J. Respir. Crit. Care Med. 2008; 178: 1009-16 |
M | 15 | SALPETER, S.R. et al.: Am. J. Med. 2010; 123: 322-8 |
© 2010 arznei-telegramm, publiziert am 14. Mai 2010
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