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Korrespondenz

ANTIOXIDANZIENSALBE MAPISAL GEGEN HAND-FUSS-SYNDROM?

Von der Firma Medac wird seit Kurzem das neue Medizinprodukt MAPISAL für die Anwendung bei therapiebedingtem Hand-Fuß-Syndrom angeboten. Die Bezeichnung "medizinische Salbe" und die Suggestion in der Pressemeldung mit "bildet auf der Hautoberfläche einen effektiven Schutzfilm", "verhindert das Eindringen des Chemotherapeutikums" erscheinen, bei in der Regel systemischer Therapie, eher irritierend. Liegen zum Wirkprinzip aussagefähige Informationen vor, und gibt es schon publizierte Studien, die eine fundierte Bewertung zulassen?

E.-M. FLEGEL (Fachapothekerin für Klinische Pharmazie)
D-13353 Berlin
Interessenkonflikt: keiner

Einige Chemotherapeutika können das auch als palmoplantare Erythrodysästhesie bezeichnete Hand-Fuß-Syndrom auslösen. Die Beschwerden reichen dabei von Empfindungsstörung, Schwellung und Rötung über starke Schmerzen, feuchte Abschuppung, Geschwür- und Blasenbildung bis zu lebensbedrohlichen lokalen oder diffusen Prozessen sowie infektiösen Komplikationen, die zu Bettlägerigkeit und Hospitalisierung führen können.1,2 Besonders häufig wird das Syndrom unter Capecitabin (XELODA; bei kolorektalem Karzinom bei 54% bis 60%, schwer bei 17%)2 und pegyliertem liposomalen Doxorubicin (CAELYX) beobachtet (bei Brust- und Ovarialkrebs bei 44% bis 46%, schwer bei 17% bis 20%).1 Die Pathogenese ist nicht geklärt.3,4

Randomisierte Phase-III-Studien zur prophylaktischen Einnahme von Pyridoxin (Vitamin B6; VITAMIN B6-RATIOPHARM u.a.) oder zur lokalen Anwendung einer Harnstoff-Milchsäure-Creme verliefen negativ. Die einzigen etablierten Maßnahmen sind Dosisreduktion und Behandlungsunterbrechung oder -abbruch.3,4

Laut MAPISAL-Anbieter Medac sollen "neueste wissenschaftliche Erkenntnisse" - verwiesen wird auf ein Abstract von 2005 - belegen, dass Chemotherapeutika über die Schweißdrüsen auf die Hautoberfläche gelangen, dort unter Einwirkung von Sauerstoff in freie Radikale umgewandelt werden, die dann die Hautzellen schädigen und zum Hand-Fuß-Syndrom führen.5 Die als Medizinprodukt vertriebene Antioxidanziensalbe enthält unter anderem Borretschöl, Ringelblumenblütenextrakt, Panthenol, Tocopherolazetat und Grünteeblätterextrakt6 und soll nicht nur verhindern, dass das ausgeschwitzte Chemotherapeutikum von außen in die Haut gelangt, sondern auch mit seinem angeblich "extrem hohen antioxidativen Potenzial" die freien Radikale unschädlich machen.5 Dieses beruhe auf "Complex 5" und "Submarine Cave Water 2 SP 0.1", deren genaue Zusammensetzung uns der Anbieter nicht verrät.7 Derzeit verfügbare klinische Daten beschränken sich anscheinend auf die Anwendung bei 20 lediglich auf der Internetseite zum Produkt beschriebenen Patienten.5 150 g Salbe kosten 138,50 € und sollen innerhalb von vier Wochen nach Anbruch verbraucht werden.7

Ohne hinreichende Nutzenbelege raten wir von der Anwendung von MAPISAL ab, -Red.

  (R =randomisierte Studie)
1 Janssen-Cilag: Fachinformation CAELYX, Stand Nov. 2010
2 Roche: US Produktinformation XELODA, Stand 5. Febr. 2011;
http://www.accessdata.fda.gov/drugsatfda_docs/label/2011/020896s026lbl.pdf
R  3 KANG, Y.-K. et al.: J. Clin. Oncol. 2010; 28: 3824-9
R  4 WOLF, S.L. et al.: J. Clin. Oncol. 2010; 28: 5182-7
5 Medac: MAPISAL; zu finden unter
http://www.mapisal.de/informationen-fuer-fachkreise
(Anmeldung erforderlich) –> neueste wissenschaftliche Erkenntnisse bzw. Innovation bzw. klinische Erfahrungen
6 Medac: Gebrauchsanweisung MAPISAL, Stand Juli 2011
7 Medac: Schreiben vom 28. Febr. 2012 und 1. März 2012

© 2012 arznei-telegramm, publiziert am 9. März 2012

Autor: angegebene Leser bzw. Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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