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Kurz und bündig

Zwangsstörungen - Augmentation mit Verhaltenstherapie wirksam, Augmentation mit Risperidon (RISPERDAL, Generika) ohne Nutzen

Wenn bei Zwangsstörungen eine medikamentöse Therapie gewählt wird, sind selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Sertralin (ZOLOFT, Generika) Mittel der Wahl. Sie sind allerdings nur bei einem Teil der Patienten ausreichend wirksam. Bei unzureichendem Ansprechen wird - mit mäßigem Empfehlungsgrad - in der aktuellen deutschen S3-Leitlinie eine so genannte Augmentation (= Wirkungsverstärkung) mit Neuroleptika empfohlen, in erster Linie mit Risperidon (RISPERDAL, Generika; keine zugelassene Indikation). Nach einer systematischen Übersicht ist ein signifikanter Effekt zwar für die Gesamtgruppe der geprüften Neuroleptika, unter den einzelnen Wirkstoffen aber nur für Risperidon belegt. Letzterer beruht auf drei kleinen randomisierten Studien mit insgesamt 72 Patienten (DOLD, M. et al.: Int. J. Neuropsychopharmacol. 2013; 16: 557-74/ati d). Aktuell wird eine Studie publiziert, in der 100 Erwachsene mit mindestens mäßig schwerer Symptomatik einer Zwangsstörung trotz mindestens zwölfwöchiger stabiler therapeutischer SSRI- oder Clomipramin (ANAFRANIL, Generika)-Dosis zu zusätzlicher Einnahme von Risperidon (0,25 mg bis maximal 4 mg/Tag), Plazebo oder zusätzlicher Verhaltenstherapie randomisiert werden. Primärer Endpunkt ist die Veränderung der Symptomatik gemessen am Y-BOCS*-Score. Verhaltenstherapie senkt den mittleren Y-BOCS-Punktwert in acht Wochen von eingangs 27 auf 13 und damit signifikant stärker als Plazebo oder Risperidon (jeweils auf 23 von eingangs 26). Auch die meisten sekundären Endpunkte einschließlich Lebensqualität werden durch die Verhaltenstherapie signifikant besser beeinflusst als durch das Scheinmedikament oder das Neuroleptikum. Risperidon unterscheidet sich dagegen weder im primären noch in sekundären Endpunkten von Plazebo. Unerwünschte Effekte treten aber unter Risperidon am häufigsten auf, vor allem Mundtrockenheit, Müdigkeit und Libidoverlust, vier Patienten (10%) beenden daher die Einnahme (SIMPSON, H.B. et al.: JAMA Psychiatry, online publ. am 11. Sept. 2013). Die Studie bestätigt die gute Wirksamkeit einer Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen, mit oder ohne (Ansprechen auf) SSRI. Der Nutzen einer Augmentation mit Neuroleptika wie Risperidon steht dagegen infrage. Beim derzeitigen Kenntnisstand ist von dem Off-label-Gebrauch abzuraten, -Red.

* Y-BOCS = Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale; Skala zur Ermittlung der Schwere einer Zwangssymptomatik, 10 Komponenten, die je mit 0 (keine Symptome) bis 4 Punkten (extrem ausgeprägte Symptome) bewertet werden, maximaler Punktwert 40

© 2013 arznei-telegramm, publiziert am 11. Oktober 2013

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