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Kurz und bündig

Johanniskraut – schwanger trotz IMPLANON

Die britische Arzneimittelbehörde MHRA warnt vor ungewollten Schwangerschaften, wenn Frauen, die mit dem Etonogestrel-Implantat IMPLANON NXT verhüten, Johanniskrautpräparate (LAIF u.a.) einnehmen.1 Im letzten Quartal 2013 hat sie zwei entsprechende Verdachtsberichte erhalten. Die Vielzahl klinisch relevanter Wechselwirkungen von Johanniskraut mit Arzneimitteln ist seit Langem bekannt (a-t 2000; 31: 31 und 2001; 32: 89-91), so werden beispielsweise die Plasmaspiegel von Cumarin-Antikoagulanzien, Immunsuppressiva, AIDS-Mitteln und Hormonen einschließlich Kontrazeptiva verringert. Da die Interaktionen auf beschleunigtem Abbau über CYP-Enzyme beruhen und nicht etwa auf Beeinflussung der Wirkstoffabsorption, sind sie unabhängig davon, ob die Wirkstoffe über Tabletten oder ein Implantat in den Körper gelangen. In Hinweisen auf das Interaktionspotenzial in Beipackzetteln von Johanniskrautpräparaten werden hormonelle Kontrazeptiva jedoch mit „Pille” gleichgesetzt (z.B. bei NEUROPLANT2), sodass der Eindruck entsteht, die Wirkung anderer hormoneller Kontrazeptiva wie Pflaster (EVRA), Ring (CIRCLET, NUVARING) oder Implantat werde nicht beeinträchtigt. Zudem dürfte an ein Implantat, das bis zu drei Jahre lang liegt, oft nicht gedacht werden, wenn die Möglichkeit von Wechselwirkungen abgeklärt wird. Und pflanzliche Mittel, die rezeptfrei in Apotheken oder als Nahrungsergänzung gekauft werden, gelten meist als harmlos und werden dem Arzt gegenüber oft nicht erwähnt. Nur wenige Johanniskrautpräparate (JARSIN RX, NEUROPLANT, LAIF 900 und TEXX RP) werden zur Behandlung mittelschwerer depressiver Episoden angeboten und sind daher verschreibungspflichtig. Frauen, die mit einem hormonellen Kontrazeptivum verhüten, sollten Johanniskraut-haltige Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel meiden. Angesichts der unüberschaubaren Zahl relevanter Interaktionen und der unzureichenden Nutzenbelege erachten wir Johanniskraut ohnehin als entbehrlich, –Red.

1 MHRA: Drug Safety Update, 7 (8), 8. März 2014 http://www.a-turl.de/?k=wisc
2 Schwabe: Beipackzettel NEUROPLANT, Stand Juni 2012

© 2014 arznei-telegramm, publiziert am 11. April 2014

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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