MAKROLIDE: RISIKOFAKTOR FÜR HYPERTROPHE PYLORUSSTENOSE
Die infantile hypertrophe Pylorusstenose ist eine Erkrankung des frühen Säuglingsalters. Zunehmend schwallartiges Erbrechen führt schnell zu einer ernsten Gesundheitsgefährdung und erfordert in der Regel eine chirurgische Intervention.1 Die Gründe für die Muskelhypertrophie des Pylorus sind weitgehend unklar. Genetische und Umweltfaktoren (Flaschennahrung) scheinen eine Rolle zu spielen, insbesondere erstgeborene Jungen sind betroffen.2 Aber auch das Makrolidantibiotikum Erythromycin (INFECTOMYCIN u.a.) steht schon lange im Verdacht, das Risiko einer Pylorusstenose bei Säuglingen zu erhöhen (a-t 2000; 31: 24).3
Eine dänische Kohortenstudie2 hat diesen Zusammenhang nun bestätigt: Auf Basis des dänischen Nationalregisters werden die Daten von fast einer Million Neugeborener zwischen 1996 und 2011 retrospektiv ausgewertet. Geprüft wird die Exposition gegenüber Makrolidantibiotika anhand der Verordnungen an Mutter oder Kind mit Beginn der Schwangerschaft bis 120 Tage nach Geburt sowie das Auftreten von Pylorusstenosen mithilfe dokumentierter Pylorotomien oder entsprechender Diagnosecodes während der ersten 120 Lebenstage der Neugeborenen. Insgesamt treten im Untersuchungszeitraum 880 Pylorusstenosen auf (0,9 Erkankungen/1.000 Geburten). Erhalten die Neugeborenen in den ersten 13 Lebenstagen ein Makrolidantibiotikum, haben sie ein fast 30-fach größeres Risiko einer hypertrophen Pylorusstenose (adjustierte Rate Ratio [RR] 29,8; 95% Konfidenzintervall [CI] 16,4-54,1). Für Neugeborene jenseits des 13. Lebenstages, die mit einem Makrolid behandelt werden, wird ebenfalls eine erhöhte Gefährdung errechnet, allerdings von geringerem Ausmaß (RR 3,24; 95% CI 1,2-8,7). Auch bei Verordnung eines Makrolidantibiotikums an die Mutter während der ersten 13 Tage nach der Geburt wird ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für den Säugling errechnet (Tag 0 bis 13: RR 3,49; 95% CI 1,9-6,3), das wahrscheinlich auf die Exposition über die Muttermilch zurückzuführen ist. Für die Einnahme von Makroliden in der Spätschwangerschaft ergibt sich eine nichtsignifikante Risikoerhöhung (ab 28. SSW: RR 1,77; 95% CI 0,95-3,30).2
Als Schädigungsmechanismus wird die prokinetische Wirkung von Makroliden auf glatte Muskelzellen im Magen-Darm-Trakt diskutiert, die die Motilität des Magens und Kontraktionen des Pylorus fördern soll und so die Hypertrophie der Pylorusmuskulatur auslösen könnte.2
Die hypertrophe Pylorusstenose ist auch in der dänischen Untersuchung hauptsächlich mit der Einnahme von Erythromycin assoziiert, bei Behandlung der Neugeborenen selbst sogar ausschließlich. Ein Klasseneffekt für Makrolide lässt sich dennoch nicht ausschließen.2 Säuglinge im frühen Lebensalter und ihre Mütter sollten Erythromycin und möglicherweise auch andere Makrolide nur erhalten, wenn keine Behandlungsalternativen verwendet werden können,2 -Red.
1 | de LAFFOLIE, J. et al.: Pediatrics 2012; 129: e901-6 |
2 | LUND, M. et al.: BMJ 2014; 348: g1908 (10 Seiten) |
3 | Infectopharm: Fachinformation INFECTOMYCIN, Stand Juni 2012 |
© 2014 arznei-telegramm, publiziert am 11. April 2014
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