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Oft erst spät erkannt - Sprue-ähnliche Enteropathie unter Olmesartan (OLMETEC, VOTUM)

Monatelang leidet ein Patient während der Behandlung mit VOCADO, einer Kombination aus dem Kalziumantagonisten Amlodipin (NORVASC, Generika) und dem Angiotensin (AT)-II-Antagonisten Olmesartan (OLMETEC, VOTUM), an Diarrhö. Das Körpergewicht nimmt bedrohlich ab. Erst Absetzen des Hochdruckmittels bringt Besserung (NETZWERK-Bericht 16.810). Schwerwiegende Enteropathien in Verbindung mit Olmesartan sind inzwischen relativ gut dokumentiert: 2012, zehn Jahre nach der Markteinführung, veranschaulicht eine Auswertung von 22 Krankengeschichten die potenzielle Bedrohlichkeit der unerwünschten Wirkung. Nach monate- oder jahrelanger Einnahme des AT-II-Antagonisten entwickeln diese Patienten eine Sprue-ähnliche Enteropathie mit chronischem Durchfall und Gewichtsverlust bis zu 57 kg - im Median 18 kg. Bis die Ursache erkannt wird, müssen sich die Betroffenen einer umfangreichen belastenden Diagnostik und erfolglosen Therapieversuchen unterziehen, beispielsweise mit Immunsuppressiva oder glutenfreier Diät. In Biopsien fällt histologisch eine duodenale Zottenatrophie mit unterschiedlich ausgeprägter mukosaler Entzündung auf. Sobald Olmesartan abgesetzt wird, klingen die Beschwerden meist rasch ab und der histologische Befund bessert sich.1 In der Folgezeit wurde international vor der Olmesartan-Enteropathie gewarnt.2-5 Nach einer aktuellen Auswertung der französischen Arzneimittelbehörde ANSM sind in Frankreich bislang insgesamt 320 Berichte erfasst worden, 136 (43%) in den 12 Monaten nach einem Warnschreiben der Behörde Mitte 2014. Die Olmesartan-Enteropathie wird inzwischen zwar rascher als noch vor gut einem Jahr erkannt (im Median nach 40 versus 70 Tagen), aber weiterhin spät.5 Die hiesige Fallzahl ist unklar: Vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erhalten wir nur Angaben zu Olmesartan-Monopräparaten (24 Verdachtsberichte aus dem Inland6 mit Symptomen einer möglichen Enteropathie). Für andere Sartane lässt sich in einer französischen Untersuchung kein erhöhtes Enteropathierisiko nachweisen.3 Olmesartan ist ein typisches Me-too-Präparat. Angesichts fehlender Belege eines Vorteils gegenüber etablierten Hochdruckmitteln (vgl. a-t 2002; 33: 111 und 2011; 42: 40) halten wir die Marktrücknahme für angebracht. Kommt überhaupt ein Sartan infrage, sollte bei Bluthochdruck Losartan (LORZAAR) verwendet werden, -Red.

1 RUBIO-TAPIA, A. et al.: Mayo Clin. Proc. 2012; 87: 732-8
2 FDA Drug Safety Communications, 3. Juli 2013; http://www.a-turl.de/?k=vess
3 ANSM: Point d'information, 15. Juli 2014; http://www.a-turl.de/?k=edde
4 AkdÄ: Dtsch. Ärztebl. 2013; 110: A1643-4; http://www.a-turl.de/?k=uftk
5 ANSM: Point d'information, 21. Juli 2015; http://www.a-turl.de/?k=lxle
6 BfArM: E-Mail vom 30. Juli 2015

© 2015 arznei-telegramm, publiziert am 7. August 2015

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