logo
logo
Die Information für medizinische Fachkreise
Neutral, unabhängig und anzeigenfrei
vorheriger Artikela-t 2018; 49: 29-30nächster Artikel
Netzwerk aktuell

Persistierende genitale Erregung unter SSRI?

Eine junge Frau beendet nach mehrjähriger Behandlung die Einnahme des Antidepressivums Fluvoxamin (FEVARIN, Generika) und empfindet in der Folge eine anhaltende genitale Erregung, unter der sie zum Berichtszeitpunkt bereits seit über einem Jahr leidet (NETZWERK-Bericht 17.398). Dem berichtenden Facharzt sind entsprechende Ereignisse auch in Verbindung mit Escitalopram (CIPRALEX, Generika) bekannt, wie Fluvoxamin ein selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Persistierende genitale Erregung (persistent genital arousal disorder, [PGAD]) ist fast ausschließlich bei Frauen beschrieben. Kennzeichnend ist eine ungewollte genitale Erregung ohne Gefühl sexuellen Verlangens, die zum Teil Schmerzqualität besitzt, Stunden oder Tage anhalten kann und nach einem Orgasmus nicht komplett abklingt. Nicht nur sexuelle Stimulation, sondern auch schon geringe mechanische Irritation wie Vibrationen beim Autofahren können das seltene Krankheitsbild hervorrufen oder verstärken, zum Teil fehlen erkennbare Auslöser. Von den betroffenen Frauen wird die anhaltende Erregung als sehr belastend erlebt. PGAD ist häufig mit Scham verbunden und kann zu sozialem Rückzug führen und Suizidgedanken auslösen.1,2 Als mögliche Pathomechanismen werden neben psychischen Ursachen beispielsweise zentrale oder periphere neurologische Veränderungen oder Störungen der Durchblutungsregulation, in Analogie zu einem Priapismus, diskutiert. Auffallend häufig haben betroffene Frauen Bein- oder Beckenvarizen, unruhige Beine oder eine überaktive Blase.1,2 Als Arzneimittelstörwirkung werden insbesondere Antidepressiva mit der persistierenden Erregung in Verbindung gebracht. So berichten Frauen in einer Internetbefragung, dass die Symptomatik während der Einnahme von Fluoxetin (FLUOXETIN STADA u.a.) bzw. nach Absetzen von Venlafaxin (TREVILOR, Generika) oder Sertralin (ZOLOFT, Generika) begann.3 Auch nach Absetzen von Citalopram (CIPRAMIL, Generika) ist die Störwirkung beschrieben.2 Andererseits wurde der auch bei Stressinkontinenz oder diabetischer Neuropathie angewendete Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Duloxetin (CYMBALTA, YENTREVE, Generika) vereinzelt zur Behandlung der PGAD eingesetzt.1,2 Wir bitten um Mitteilung an unser NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION, falls in Verbindung mit einer medikamentösen Therapie PGAD aufgetreten ist.

1PHILIPPSOHN, S.: Sexuologie 2011; 18: 48-56
2de MAGALHÃES, F.J.C., KUMAR, M.T.: J. Clin. Psychopharmacol. 2015; 35: 352-4
3LEIBLUM, S.R., GOLDMEIER, D.: J. Sex Marital Ther. 2008; 34: 150-9

© 2018 arznei-telegramm, publiziert am 16. März 2018

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

Diese Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit Genehmigung des arznei-telegramm® gestattet.

vorheriger Artikela-t 2018; 49: 29-30nächster Artikel