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Kurz und bündig

KIJIMEA REIZDARM gegen Reizdarmsyndrom?

„Darmbeschwerden? Für uns kein Thema mehr!“1* – So und ähnlich wirbt Anbieter Synformulas für das Medizinprodukt KIJIMEA REIZDARM Kapseln, das das Bifidobakterium Bifidum MIMBb752 enthält. Wir finden zu diesem Bakterienstamm eine randomisierte Doppelblindstudie, in der 122 Patienten mit mildem bis moderatem Reizdarmsyndrom vier Wochen lang einmal täglich eine Kapsel mit 109 koloniebildenden Einheiten Bifidum MIMBb75 oder Plazebo einnehmen. Primär untersucht wird die globale Beurteilung der Beeinträchtigung durch Beschwerden des Reizdarmsyndroms auf einer siebenstufigen Skala (0 = überhaupt nicht bis 6 = intolerabel) während der Therapie im Vergleich zum Ausgangswert. Unter Verum nimmt der Wert von eingangs im Mittel 2,95 um 0,88 Punke ab, unter Plazebo von 2,79 um 0,16 (Differenz 0,72; p < 0,0001).3 Eine zweite randomisierte Studie mit dem Testpräparat zur Bestätigung der Ergebnisse dieser Untersuchung finden wir nicht (vgl. a-t 2014; 45: 104, 109), ebenso keine Daten zur Dosisfindung sowie für die in der Gebrauchsanweisung2 empfohlene zwölfwöchige Therapie. Trotz mehrfacher Nachfragen erhalten wir vom Anbieter keine Antwort bezüglich weiterer Studien zu dem Präparat. Nach der ab Mai 2020 geltenden Verordnung über Medizinprodukte4 können lebende Mikroorganismen und damit auch Probiotika nicht mehr als Medizinprodukt zertifiziert werden. Dass die oben erwähnte relativ kleine und kurze „Ernährungsstudie“3 für eine Zulassung als Arzneimittel ausreicht, halten wir für unrealistisch. Wir raten von der Einnahme von KIJIMEA REIZDARM ab, die für vier Wochen 51 € kostet, bei einmal täglich zwei Kapseln und 75,90 € pro Packung mit 84 Kapseln (Listenpreis), –Red.

(R = randomisierte Studie)
1Synformulas: https://www.kijimea.de, Zugriff 17. Okt. 2018
2Synformulas: Gebrauchsanweisung KIJIMEA REIZDARM, Stand Juli 2018; http://www.a-turl.de/?k=trom
R3GUGLIELMETTI, S. et al.: Aliment. Pharmacol. Ther. 2011; 33: 1123-32
4Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte; http://www.a-turl.de/?k=nsdo
5Regierung von Oberbayern: E-Mail vom 12. Okt. 2018
*Wir erachten die Werbung als irreführend. Die zuständige Landesbehörde hat aufgrund des Verdachts eines strafrechtlich relevanten Verstoßes gegen das Heilmittelwerbegesetz im Zusammenhang mit der Bewerbung des Produktes die Staatsanwaltschaft informiert.5

© 2018 arznei-telegramm, publiziert am 19. Oktober 2018

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