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Therapiekritik

IBUPROFEN ODER PARAZETAMOL
BEI SCHMERZ / FIEBERZUSTÄNDEN IM KINDESALTER?

Ähnlich wie Azetylsalizylsäure (ASPIRIN u.a.) und andere nichtsteroidale Entzündungshemmer wirkt Ibuprofen (BRUFEN u.a.) schmerzlindernd, fiebersenkend und entzündungshemmend - vermutlich über die Hemmung der Prostaglandinsynthese.

Azetylsalizylsäure hat in der Pädiatrie an Bedeutung verloren, seitdem das REYE-Syndrom als Folgeerkrankung der ASS-Anwendung bei Kindern angesehen wird (vgl. a-t 1 [1989], 7). Bei Schmerz und Fieberzuständen im Kindesalter ist Parazetamol, das auch in flüssigen Zubereitungen (BEN-U-RON Saft, MONO-PRAECIMED Lösung u.a.) und als Zäpfchen (CAPTIN u.a.) zur Verfügung steht, Mittel der Wahl.

Für den nichtsteroidalen Entzündungshemmer Ibuprofen liegen seit Beginn der 70er Jahre Erfahrungen in der Pädiatrie vor. Hierzulande ist die Anwendung auf Kinder ab dem sechsten Lebensjahr beschränkt. In den USA sind bereits Ibuprofen-Suspensionen auf dem Markt (100 mg Wirkstoff in 5 ml Zubereitung), die für die symptomatische Behandlung von Fieberzuständen und Arthritis im Säuglingsalter ab sechs Lebensmonate bestimmt sind. Die Dosierungsintervalle liegen zwischen sechs bis acht Stunden. Als Analgetikum wurde Ibuprofen bisher von der US-amerikanischen FDA in der Pädiatrie nicht zugelassen.

Im Doppelblindvergleich von Ibuprofen mit Parazetamol bzw. Plazebo bei 127 fiebernden Kindern senken Ibuprofen (5 mg/kg Körpergewicht [KG]) und Parazetamol (10 mg/kg KG) Temperaturen zwischen 38,3° und 39,2° Celsius gleich gut. Bei Fieberzuständen zwischen 39,2° und 40° Celsius ist die verdoppelte Ibuprofen-Dosis von 10 mg/kg KG der gleichen Parazetamol-Dosis bzw. einer Ibuprofen-Dosis von 5 mg/kg Körpergewicht überlegen.1 200 mg Ibuprofen dämpfen in einem Doppelblindversuch nach Zahnextraktion bei 45 Kindern im Alter zwischen 5 und 12 Jahren den Schmerz besser als Plazebo und etwa gleich gut wie 240 mg Parazetamol plus 24 mg Kodein.2

In der Akutverträglichkeit ruft Ibuprofen als nichtsteroidaler Entzündungshemmer gleichartige unerwünschte Effekte hervor wie bei Erwachsenen (Dyspepsie, Übelkeit, Erbrechen sowie zumindest bei Erwachsenen gastrointestinale Schleimhautschäden, Magenulzera und -blutungen, die mitunter ohne warnende Vorsymptome vorkommen). Ibuprofen vermindert die Nierendurchblutung und kann ein Nierenversagen auslösen - dies gilt insbesondere für Kinder mit Hypovolämie.3 Akute Parazetamol-Überdosen und möglicherweise auch die Langzeitanwendung wirken nephrotoxisch.4

Darüberhinaus werden für Ibuprofen systemische unerwünschte Wirkungen beschrieben wie aseptische Meningitis, Lebertoxizität oder aplastische Anämie. Ibuprofen kann das Sehvermögen beeinträchtigen. ASS-empfindliche Patienten reagieren möglicherweise unter Ibuprofen mit Bronchospasmus und Atemnot. Ob Ibuprofen die Entstehung eines REYE-Syndroms begünstigt, läßt sich derzeit nicht sagen.4

Das Gefährdungspotential durch Überdosen von Ibuprofen bzw. Parazetamol erscheint zumindest im Hinblick auf Letalverläufe bei Kindern relativ gering.4

FAZIT: Als fiebersenkendes Mittel und als Schmerzhemmer kann Ibuprofen (BRUFEN u.a.) derzeit als mindestens genauso wirksam wie Parazetamol (BEN-U- RON u.a.) angesehen werden. Die Möglichkeit der Auslösung des REYE-Syndroms ist noch nicht abschließend geklärt.

© 1990 arznei-telegramm

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