Mißbrauch von Analgetika-Kombinationen: Das Bundesgesundheitsamt will die Zulassung Benzodiazepin- oder Meprobamat-haltiger
Schmerzmittel (DOLOVISANO, FIBRAFLEX, OSTOCHONT und SILENTAN) widerrufen. Das Abhängigkeitspotential der Psychopharmaka erhöht die
Wahrscheinlichkeit unerwünschter Wirkungen der Analgetikabestandteile, so etwa von Kopfschmerzen durch chronischen Analgetikamißbrauch. Die
weitere Einnahme von Schmerzmitteln folgt hieraus (Pharm. Ztg. 136 [1991], 402). Im NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION erhielten wir den Bericht
über einen 53jährigen Mann, der monatlich 150 Dragees SILENTAN verordnet bekam (NETZWERK-Fall 3776).
Der Beratungsapotheker einer Krankenkasse kommentiert das BGA-Vorhaben: "Ebenso sollte aus meiner Sicht die Zulassung aller anderen Benzodiazepin-
Kombinationen (z.B. LIMBATRIL, ELTHON, PANTROP RETARD, PERSUMBRAN usw.) widerrufen werden. In der täglichen Praxis der Rezeptprüfung
fällt immer wieder auf, daß solche Präparate vorwiegend an ältere Patienten über Jahre und Jahrzehnte hinweg verordnet werden. In den
Beratungsgesprächen zur individuellen Arzneimittelinformation höre ich immer wieder von Ärzten, daß bei solchen Patienten tatsächlich
eine Niedrigdosis-Abhängigkeit besteht."
1987 widerrief das Bundesgesundheitsamt die Zulassung Barbiturat-haltiger Schmerz- und Rheumamittelkombinationen, da deren Risiken wie Mißbrauchs- und
Abhängigkeitspotential sowie Herabsetzung des Reaktionsvermögens "nicht durch einen angemessenen Nutzen aufgehoben werden" (bga
pressedienst vom 15. Juli 1987). Präparate anderer Indikationen ließ das BGA unberücksichtigt. So enthalten selbst Arzneimittel ohne definierte
Indikationen wie BELLARAVIL ("bei funktionellen Störungen von Psyche und Hormonen, des Herz-Kreislauf-Systems, des Magen-Darmtraktes"),
BELLERGAL oder NEUROVEGETALIN das obsolete Barbiturat Phenobarbital.
Im NETZWERK erhielten wir Berichte über Mißbrauch bzw. nicht bestimmungsgemäßen Dauergebrauch zu den barbiturathaltigen
Kombinationen MEDINOX (Fälle 2626, 2627), NORKOTRAL (Fall 3905), PRONERVON N (Fälle 1178, 3775), SEDOVEGAN (Fall 3910), VESPARAX
MITE (Fälle 3901, 4478), VITA-DOR und VITANERTON N (Fall 3898).
Auch die mißbrauchsbegünstigenden Eigenschaften von Kodein (CODIPRONT u.a.) sind bekannt (vgl. a-t 8 [1988], 76). Uns gingen 16 Meldungen
über Mißbrauch und hochdosierte Daueranwendung von SPASMO-CIBALGIN COMP Zäpfchen zu. Eine 47jährige Frau erhielt in einem halben
Jahr Verordnungen über 890 dieser Zäpfchen (NETZWERK-Fall 3908), die neben Kodein das Spasmolytikum Drofenin und das Analgetikum
Propyphenazon enthalten. ERGO LONARID enthält dämpfendes Kodein und putschendes Koffein. Hierzu liegen uns 4 Berichte über
mißbrauchsverdächtige Arzneiverordnungen vor (NETZWERK-Fälle 3903, 3904, 4370, 4476).
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