Die bei ACE-Hemmern nicht seltenen Nebenwirkungen wie symptomatische Hypotension und angioneurotisches Ödem werfen die
Frage auf, ob es sinnvoll ist, ambulante Patienten bei Therapiebeginn mit einem ACE-Hemmer für mehrere Stunden unter ärztlicher Aufsicht in der Praxis zu
überwachen. Insbesondere bei der von Ihnen berichteten Häufigkeit eines angioneurotischen Ödems bzw. eines Larynxödems, das eine vitale
Bedrohung darstellen kann, wäre ich für eine Stellungnahme dankbar. Bestehen zudem Ihrer Meinung nach Bedenken, Patienten mit leichter
Herzinsuffizienz (NYHA-Stadium I-II) ohne Hypotension unter ambulanten Bedingungen auf eine ACE-Hemmertherapie einzustellen?
Dr. med. M. KÖBER (Internist)
W-7050 Waiblingen
Angioneurotische Ödeme treten unter der Therapie mit ACE-Hemmern etwa mit einer Häufigkeit von 0,1% auf. Die einzelnen Wirkstoffe unterscheiden
sich bezüglich dieses Risikos nicht. Auslösend ist sehr wahrscheinlich eine lokale Bradykinin-Anreicherung im Gewebe infolge Hemmung des Enzyms
Kininase II, das für die Inaktivierung des Bradykinins verantwortlich ist. Besonders gefährdet für das Entstehen eines angioneurotischen Ödems
unter ACE-Hemmern sind Patienten mit Defekten des C1-Esterase-Inhibitors. Ist bei einem Patienten ein Angioödem aufgetreten, sind alle ACE-Hemmer
kontraindiziert.
Angioödeme nach ACE-Hemmern können sowohl Stunden nach Einnahme der Erstdosis als auch noch nach Monaten bis zu einem Jahr im Rahmen einer
Langzeittherapie vorkommen. So traten sie bei einer Auswertung von 60 Ereignissen bei 27% der Betroffenen innerhalb von 24 Stunden nach Therapiebeginn auf,
bei 41% nach 1 - 21 Tagen, bei 23% nach mehr als 3 Wochen und bei 9% noch nach mehr als 6 Monaten.
Die Überwachung des Patienten in der Praxis für einige Stunden nach Erstgabe eines ACE-Hemmers erfaßt also den Großteil der auftretenden
Angioödeme nicht. Eine derartige Überwachung wird demzufolge im Hinblick auf die Gefährdung durch Angioödeme nicht allgemein empfohlen.
Wichtig dagegen ist die ausführliche Information des Patienten über die Frühsymptomatik dieser Komplikation sowie über die Notwendigkeit der
umgehenden ärztlichen Betreuung.
Symptomatische Hypotension nach der ersten ACE-Hemmer-Dosis treffen besonders Patienten mit bestimmten Risiko-Konstellationen wie Herzinsuffizienz,
Diuretika-Therapie, ausgeprägter Stimulation des Renin-Systems u.ä. Bei diesen Patienten empfiehlt sich eine Überwachung und Blutdruckkontrolle
für 2 - 3 Stunden nach erster Einnahme eines ACE-Hemmers. Außerdem sollten diese Patienten initial nur die Hälfte der sonst empfohlenen
Anfangsdosis erhalten.
Der Nutzen der ACE-Hemmer bei schweren Graden der Herzinsuffizienz (NYHA III und IV) gilt als weitgehend gesichert (vgl. a-t 7 [1987], 60 und 8 [1990], 71). Sie senken in dieser Situation die Mortalität nach 6 und 12 Monaten um etwa 30%.
Der Stellenwert der ACE-Hemmer bei leichteren Formen der Herzinsuffizienz (NYHA I und II) ohne begleitende arterielle Hypertonie läßt sich u.E. derzeit
noch nicht verläßlich abschätzen. Allerdings fand sich in zwei aktuelleren Studien tatsächlich auch eine Senkung der Mortalität bei
Patienten mit leichter bis mäßiggradiger Herzinsuffizienz, die zusätzlich zu einer Standard-Therapie Enalapril (PRES, XANEF) erhielten. Auch wenn
damit in speziellen Situationen die Verwendung von ACE-Hemmern schon bei leichter bis mäßiggradiger Herzinsuffizienz zu rechtfertigen ist, erscheint uns
eine generelle Empfehlung verfrüht ( Red.).
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