Clozapin (LEPONEX) wird in den letzten Jahren zunehmend häufiger angewandt. Es handelt sich um ein Medikament mit einem
hohen Risiko, nicht nur wegen der Möglichkeit der Agranulozytose, sondern auch wegen anderer schwerer Nebenwirkungen. Ein besonders großes
Problem tritt bei dem Versuch auf, Clozapin nach einer längeren Anwendungszeit abzusetzen. Dieses Problem betrifft zunächst einmal alle Neuroleptika.
Nach längerer Anwendung von Neuroleptika können beim plötzlichen oder schnellen Absetzen Entzugspsychosen auftreten. Analog zur Hypothese
der tardiven Dyskinese wurde das Konzept einer Supersensitivitäts-Psychose entwickelt.1 Für Clozapin sind schwerste Entzugspsychosen
beschrieben worden, für die charakteristisch ist, daß sie bereits wenige Tage nach Absetzen der Medikation hoch akut auftreten.2,3
Wir berichten über einen 30jährigen Patienten, der unter der Vordiagnose einer Schizophrenie seit 6 Jahren mit Clozapin, zuletzt in einer Dosis von 300 mg
pro Tag behandelt wurde... Unter der laufenden LEPONEX-Medikation klagte der Patient über schwere Beeinträchtigung der
Konzentrationsfähigkeit, fühlte sich sehr müde und erschöpft. LEPONEX wurde unter gleichzeitiger Umstellung auf 150 mg TRUXAL plus
Diazepam nach Bedarf abgesetzt. Im Verlauf von 2 bis 3 Tagen entwickelte sich mit deutlicher Progredienz ein Syndrom von psychomotorischer Unruhe, großer
innerer Agitation und diffuser Angst. Es kam mehr und mehr zu dem Gefühl der Bedrohung, eine zunehmende Wahnstimmung gestaltete sich immer mehr
aus.
Wegen der Schwere der Symptomatik mußte der Patient in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden. Dort kam es zu einer weiteren Zunahme der
psychosomatischen Symptomatik mit illusionären Verkennungen, erheblicher Agitations- und Antriebssteigerung, teilweise Verwirrtheitszuständen. Die
weiterbehandelnden Kollegen beschrieben den Zustand als Verwirrtheitspsychose nach der Klassifikation von LEONHARD. Der Zustand war durch kein
übliches Neuroleptikum, auch in Kombination mit Diazepam, zu beheben. Erst die erneute hochdosierte Medikation von LEPONEX in Kombination mit
Diazepam führte zu einer deutlichen Remission der psychotischen Symptomatik. Es war nicht möglich, auf LEPONEX zu verzichten. Der Patient wurde
nach dreimonatigem stationären Aufenthalt mit einer erneuten "Einstellung" auf LEPONEX entlassen.
Zum einen ergibt sich das Problem, daß bei der Notwendigkeit des schnellen Absetzens von LEPONEX mit dem Auftreten erheblicher psychischer
Komplikationen in Form von Entzugspsychosen zu rechnen ist. Zum anderen haben wir aber auch bei dem Versuch der langsamen Dosis-Reduktion immer wieder
eine massive Zunahme psychopathologischer Symptome gesehen. Es stellt sich die Frage, ob bei einer langfristigen LEPONEX-Medikation mit dem Risiko schwerer
psychischer Beeinträchtigungen zu rechnen ist und ob bei einer Anzahl von Patienten daraus eine eventuell lebenslange Dauermedikation mit LEPONEX
resultieren muß.
R. STEFFEN, F. VOIGT (Ärzte für Psychiatrie und Psychotherapie)
W-6630 Saarlouis
1 | EKBLOM, B. et al.: Psychopharmacology 83 (1984), 293 |
2 | ZAPLETALEK, M. et al.: Second Czechoslovak Symposium of Psychopharmacology,
Smolenice, 28. - 30. Sept. 1977 |
3 | PERENY, A. et al.: Psychopharmacology 86 (1985), 244 |
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