Wenige Tage anhaltende, prämenstruelle Brustschmerzen können die Lebensqualität beeinträchtigen. Feingewebliche Ursachen
ließen sich bisher nicht ausmachen. Bei einigen Frauen sind überhöhte Prolaktinspiegel die Ursache der Mastopathie. Wichtig für die Patientin
kann die ärztliche Versicherung sein, daß solche Brustbeschwerden keinen Hinweis auf eine Brustkrebserkrankung geben. Diese Sorge führt die
Frau häufig zum Arzt.
Etwa jeder fünften Frau kann bereits ein Plazebopräparat helfen. Ein beliebtes Präparat scheint hier AGNOLYT zu sein, das 1990 360.000mal
verordnet wurde. An sich soll Agnus castus "den Drang zum Beischlaf mäßigen", weshalb er als "Mönchspfeffer" im Mittelalter
Mönchen bei der Erfüllung des Zölibats hilfreich sein sollte. Warum der Anbieter eine Tinktur des Mönchspfeffers heute als Mittel zur
Behandlung der Mastopathie und auch bei mangelhafter Stilleistung empfiehlt, bleibt uns unerklärlich.
Dramatische Erfolge stellen sich mitunter ein, wenn Östrogen-betonte Medikamente wie die Pille oder Hormonsupplemente abgesetzt werden. Aber auch die
alleinige Einnahme eines Gestagens kann Brustschmerzen verursachen.
Beschwerdelindernd vermag sich bereits eine Ernährungsumstellung auszuwirken, wenn die Fettzufuhr gedrosselt wird. Weniger tierisches
Fett bedeutet auch eine geringere Zufuhr gesättigter Fettsäuren. Damit nimmt auch die Affinität der Rezeptoren für Östrogene ab. Eine
solche Diät, die weniger Gesamtfett, insbesondere gesättigte Fettsäuren und einen Kalorienersatz über erhöhte Kohlenhydratzufuhr
enthält, milderte während einer sechsmonatigen Studie Spannungsgefühle in der Brust.1
Erste Ergebnisse aus dem Jahre 1975 aus einer offenen Studie mit dem Prolaktinhemmer Bromocriptin (PRAVIDEL) wiesen auf eine Verringerung
der Schmerzsymptomatik um 70% bis 90% hin. Die Beobachtungen bestätigten sich in kontrollierten Studien.2 In einer multizentrischen
europäischen Studie an 272 Frauen besserten 2 x täglich 2,5 mg Bromocriptin Brustschmerzen und Spannungsgefühle.3 Jede dritte Frau
leidet jedoch unter den Nebenwirkungen der Medikation: Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Blutdruckabfall und Verstopfung. Die Folgen sind
erträglicher, wenn initial eine niedrigere Dosis (1 mg) verwendet und die Dosis langsam gesteigert wird.
Das Antiandrogen Danazol (WINOBANIN) in Dosen von 2 x täglich 100 mg bis 200 mg beeinflußt Brustschmerz, Spannungsgefühl
und die Knötchenbildung (vgl. a-t 3 [1981], 22). Nachteilig können sich Menstruationsstörungen, Gewichtszunahme, Kopfschmerzen und
Übelkeit sowie androgene Effekte (Akne, Haarwuchs, tiefe Stimme) bemerkbar machen.1,2 Stimmveränderungen erfordern den sofortigen
Abbruch der Therapie. Die Verträglichkeit steigt, wenn die Danazol-Dosierung während 7 Tagen vor der Menstruation auf täglich 100 mg verringgert
wird, nachdem die Ersteinstellung mit der höheren Dosis zum Erfolg führte.
Das Antiöstrogen Tamoxifen (NOLVADEX u.a.) mindert in einer Dosis von täglich 10 mg Brustschmerz und -spannung. Eine doppelt so hohe Dosis
wirkt nicht besser, verursacht aber stärkere Hitzewallungen und Menstruationsstörungen. Mastalgie ist eine experimentelle Indikation für Tamoxifen
ohne behördliche Zulassung.1 Das Antiöstrogen kommt nur als Reservemittel für Frauen mit therapierefraktärer Mastalgie in Frage.
Sowohl unter Danazol als auch unter Tamoxifen muß für eine geeignete Empfängnisverhütung Sorge getragen werden, da solche
Hormonpräparate wegen möglicher teratogener Folgen nicht in der Schwangerschaft genommen werden dürfen.
Das LHRH-Analoghormon Goserelin (ZOLADEX), bleibt der Behandlung schwerster Beschwerden vorbehalten, weil viele unerwünschte
Wirkungen und der noch ungenügende Bewährungsgrad im Vergleich mit akzeptierten Behandlungsmethoden seinen Nutzen
beeinträchtigen.
Alleinige Gestagen-Behandlungen, die z.B. mit Progesteron Creme lokal oder mit Medroxyprogesteronazetat per os durchgeführt wurden,
haben sich in kontrollierten Studien nicht als nützlich erwiesen.1 Das 19-Nortestosteronderivat Gestrinon soll jedoch in einer Dosierung von 5 mg pro Woche
über 3 Monate Brustschmerzen um 80% gegenüber 37% nach Plazebo lindern,4 allerdings erscheint die Studie nach Anlage und
Durchführung fragwürdig.
Als irrational gilt die Verordnung von Antibiotika, Vitamin B6 (Pyridoxin; BENADON u.a.; vgl. a-t 8 [1986], 74) und von
Diuretika.1
Ob ein Therapieregime Erfolg hat, sollte während einer zweimonatigen Beobachtung ermittelt werden. Die Patientin wird für diese Zeit gebeten, die
Beschwerden nach Stärke und Häufigkeit zu protokollieren. Die Behandlung wird nach 6 Monaten beendet und kann notfalls bei Rezidiven wieder
aufgenommen werden. Führt ein Behandlungsversuch nicht zum Erfolg, kann ein anderes Verfahren doch noch nützlich sein.1
FAZIT: Die häufig vorkommenden zyklischen Beschwerden bei Mastopathie sind nicht immer behandlungspflichtig. Meist genügt der Patientin die
Versicherung, daß Brustschmerz und -spannungsgefühle, die prämenstruell auftreten, kein Hinweis auf eine Brustkrebserkrankung sind. Hilfreich
kann die Drosselung der Zufuhr tierischer Fette sein, weil ein zelluläres Milieu mit einem hohen Anteil gesättigter Fettsäuren die Affinität der
Rezeptoren für Östrogene erhöht.
Nur bei starken, länger anhaltenden Mastalgien (länger als 6 Monate) können die oben beschriebenen Maßnahmen 75% der betroffenen Frauen
das Leben erleichtern oder Beschwerdefreiheit herbeiführen vorausgesetzt, die verwendeten Arzneimittel werden gut vertragen.
Empfängnisverhütende Maßnahmen sind Bedingung für den Einsatz potentiell teratogener Hormonpräparate.
1 | Drug Ther. Bull. 30 (1992), 3 |
2 | Editorial: Brit. Med. J. 282 (1981), 505 |
3 | MANSEL, R. E., L. DOGLIOTTI: Lancet 335 (1990), 190 |
4 | PETERS, F.: Lancet 339 (1992), 205 |
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