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Korrespondenz

GETARNTE WERBUNG –
BEISPIEL ANTIBIOTIKUM ELOBACT:
OFFENE BRIEFE AN PROFESSOR LODE

Als Beilage im Deutschen Ärzteblatt erschien ein Artikel über ein Symposium in Süddeutschland, das Sie (Prof. LODE, –Red.) moderiert haben. Wegen zunehmender resistenter Pneumokokken empfehlen Sie bei purulenter Bronchitis orale Chephalosporine als Mittel der I. Wahl; auch Trimethoprim-Sulfamethoxazol sei heute wegen zunehmender Resistenzen bei hämolysierenden Streptokokken durch ein Makrolidantibiotikum zu ersetzen. Als Internist und Lungenfacharzt, der sicherlich mehr eitrige Bronchialinfekte gesehen und behandelt hat als ein Professor in seinem universitären Elfenbeinturm, kann ich Ihnen versichern, daß diese Meinung schlichtweg falsch ist. Bei ca. 80-85% der Patienten mit bakteriellen Infektionen der oberen Luftwege komme ich mit einem Doxycyclin- oder Sulfonamid-Medikament bestens zurecht. Meine verehrten Chefs und Ihre Vorgänger, die Sie alle noch kennen, würden sich schlichtweg im Grabe umdrehen, wenn sie wüßten, wie sich ihr Nachfolger von der Industrie kaufen läßt.

Dr. med. G. GRAS (Arzt f. Innere Medizin/Lungenheilkunde)
W-1000 Berlin 49


Wie der Bundesanzeiger vom 10. Nov. 1990 und die Verlagsbeilage des Deutschen Ärzteblattes Nr. 6/92 vom 24. Aug. 1992 nahelegen, ist die Behandlung bakterieller Infektionen mit Tetrazyklinen bzw. auch mit Co-trimoxazol im Bereich der Atemwege wegen möglicher Unwirksamkeit der Substanzen gegen Staphylokokken, Streptokokken und Pneumokokken nicht mehr indiziert. Stattdessen werden Cephalosporine, Penizilline mit erweitertem Wirkungsspektrum und Beta-Laktamaseinhibitor wie auch die neueren Makrolide und sogar Chinolone zur Behandlung dieser Infektionen vorgeschlagen.

Diese Veröffentlichungen werden von der Pharmaindustrie bzw. deren Referenten als Argument vorgeführt, bei dem genannten Indikationsbereich nur noch die letztgenannten Arzneimittel zu verordnen, in einigen Fällen wurde behauptet, daß der verordnende Arzt bei der Verschreibung von Doxycyclin und nicht erfolgreicher Behandlung sogar mit juristischen Konsequenzen im Sinne eines ärztlichen Kunstfehlers zu rechnen habe.

Aufgrund der in den letzten eineinhalb Jahren durchgeführten Abstrichuntersuchungen und Resistenzprüfungen kann ich die eingangs gemachten Aussagen nicht bestätigen, auch sprechen die klinischen Verläufe, zumindest was den ambulanten Bereich und akute Infektionen anbelangt, gegen eine Unwirksamkeit von Doxycyclin bei der Behandlung von Atemwegsinfektionen. Würde man die Konsequenz aus den eingangs erwähnten Mitteilungen ziehen, bedeutete dies eine erhebliche Verteuerung der Antibiotikabehandlung. Bitte teilen Sie mir mit, ob Ihnen Fälle von Schadensersatzansprüchen von Patienten bei nicht erfolgreicher antibiotischer Behandlung mit Doxycyclin bekannt sind und wie Sie zum Einsatz der Therapie von Doxycyclin und Co-trimoxazol bei Atemwegsinfektionen stehen...

Dr. med. J. RONGE (Arzt f. HNO)
W-3500 Kassel


... Kürzlich ging mir im Deutschen Ärzteblatt eine Beilage zum Thema "Wandel in der Antibiotikatherapie" zu, in der der Einsatz von Tetrazyklinen und Co-trimoxazol bei Atemwegserkrankungen, insbesondere bei Schüben der chronischen Bronchitis, als überholt dargestellt wurde. Bei Rückgriff auf die alternativ vorgeschlagenen Substanzen hätte die Pharmaindustrie, nach meinem unvollständigen Überblick, erhebliche Umsatzzuwachsraten zu erwarten und den "schwarzen Peter" hätten wieder die Ärzte gezogen.

Es wäre schön, wenn Sie – möglichst vor der nächsten "Grippewelle" – zu diesem Thema etwas unvoreingenommen klares Licht durch die Pharma-Milchglasscheibe schicken würden.

Dipl-Med. H. KLINGBEIL (Arzt f. Allgemeinmedizin)
O-1561 Potsdam


Wer den Verlag des Deutschen Ärzteblattes um Überlassung eines Sonderdruckes der oben zitierten Therapieempfehlungen bittet, erhält die Antwort, daß man sich aus "wettbewerbsrechtlichen Gründen" direkt an die Firma Cascan GmbH & Co. wenden möchte. Es handelt sich demnach um eine als redaktionelle Mitteilung getarnte Werbebeilage der Fa. Cascan. Professor LODE, Berlin, propagiert das neue orale Cephalosporin Cefuroximaxetil (ELOBACT) auf einem Pressegespräch der Fa. Cascan, wobei er gleichzeitig Tetrazykline wie Doxycyclin als "nicht mehr optimal" bezeichnet. Diese Strategie der geplanten Veraltung bewährter Antibiotika zugunsten überteuerter Neuerungen, die "Molekülvarianten ohne besonderen Stellenwert", oft mit hoher Resistenzproblematik sind (vgl. Arzneimittelkursbuch '92/93, S. 826), reißt ein Milliardenloch in den Arzneimitteletat der Krankenkassen. Die von industrieller Seite behauptete Kunstfehlerhaftung bei Verordnung beispielsweise von Doxycyclin bei einem Atemwegsinfekt verfängt nicht, denn das Bundesgesundheitsamt hat Tetrazykline ausdrücklich zur Behandlung von Infektionen der Atemwege zugelassen (–Red.).


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