Den höchsten Stellenwert bei der Verhütung von Geschlechtskrankheiten besitzen immer noch Kondome. Für bestimmte Risikogruppen
wie z. B. Prostituierte in Kenia entfällt jedoch die notwendige Kooperation des männlichen Partners. Auf der Suche nach Alternativen bot sich ein mit
Nonoxynol 9 (ORTHO CREME, PATENTEX) getränktes Vaginalschwämmchen an, da dieser Wirkstoff nicht nur spermizid wirken, sondern auch HIV und
andere bei Sexualverkehr übertragbare Bakterien und Viren abtöten soll. Geschlechtskrankheiten wie Gonorrhoe und Chlamydien-Infektionen werden
durch die männliche Samenflüssigkeit übertragen. Haupteintrittspforte ist der Gebärmutterhals. Andere Geschlechtskrankheiten verbreiten sich
durch direkten Kontakt mit dem Vaginal- oder Vulvaepithel z. B. HIV, genitaler Herpes und Syphilis.1
Im Unterschied zu den üblichen Spermiziden entfaltet ein mit Nonoxynol 9 getränkter Schwamm seine Wirkung sofort, wobei allerdings die
Zuverlässigkeit unterhalb der von Kondomen liegt.
In Kenia erkrankten Prostituierte, die ein Nonoxynol 9 getränktes Schwämmchen benutzen, häufiger an entzündlichen oder geschwürigen
Erkrankungen der Vulva, so daß der Verdacht naheliegt, daß der häufige Gebrauch vaginaler Spermizide das HIV-Infektionsrisiko sogar erhöhen
könnte.2 Darüber hinaus beeinträchtigen hohe Dosen Nonoxynol 9 möglicherweise die normale Scheidenflora mit der Folge der
Überwucherung mit Pilzen und anderen Vaginalpathogenen.
Sowohl Gonorrhoe als auch Chlamydieninfektionen gelten als Risikofaktoren einer HIV-Infektion bei Frauen. Die Anwendung von Spermiziden zur
Infektionsvorbeugung erscheint in Anbetracht des fraglich erhöhten Infektionsrisikos für HIV als kontraindiziert. Kondome verringern bei korrekter
Anwendung nachweislich die Häufigkeit von Gonorrhoeinfektionen ohne toxische Begleiterscheinungen.3 Bei der Behandlung vaginaler
Pilzerkrankungen werden mitunter topische ölhaltige Präparate verwendet. Hierdurch können Latexkondome Schaden nehmen.1
FAZIT: Die häufige Anwendung vaginaler Spermizid-Schwämmchen könnte durch chemische oder mechanische Irritation das Risiko für
HIV-Infektionen erhöhen. Da diese Nonoxynol-9-Spermizide die Häufigkeit vulvovaginaler entzündlicher Erkrankungen ansteigen lassen, erscheint
ihr protektiver Wert bei HIV-Infektionen zweifelhaft.
Untersuchungen an 138 HIV-seronegativen Prostituierten in Nairobi (Kenia), die Nonoxynol-Schwämmchen bzw. Plazebopräparate verwendeten, ordnen
Kondomen einen noch höheren Stellenwert als bisher zu. Ob Kondome für Frauen wirksam vor HIV-Infektionen schützen, bleibt zu
klären.4
|