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Aus Leichen gewonnene Präparate (LYODURA u.a.) und CREUTZFELDT-JAKOB-Krankheit: Anfang September beunruhigten erneut Berichte über ärztlich verursachte CREUTZFELDT-JAKOB-Krankheit (CJK) die Öffentlichkeit. Die mit dem sogenannten "Rinderwahnsinn" (BSE) verwandte infektiöse Hirnerkrankung beginnt häufig mit Gedächtnisschwund, Schwindel sowie Gangstörungen und führt unter fortschreitender geistiger und motorischer Beeinträchtigung zum Tode. Das Hirngewebe nimmt eine schwammartige Struktur an, Nervenzellen gehen zugrunde. Vermehrt gebildete Fasern und besondere Proteine scheinen für den Krankheitsprozess von Bedeutung. Weltweit verstarben bisher 10 Patienten an CJK, denen im Rahmen von Schädel-Hirn-Operationen aus Leichen gewonnene gefriergetrocknete harte Hirnhaut (LYODURA u.a.) eingepflanzt worden war. Seit Mai 1987 soll eine Behandlung der LYODURA-Implantate mit Natronlauge die noch unbekannten Erreger der CJK unschädlich machen (vgl. a-t 9 [1991], 83). Die vor diesem Zeitpunkt hergestellten Chargen wurden jedoch erst im Frühjahr 1989 "vorsorglich" vom Markt genommen (Schreiben der Braun-Melsungen AG vom 20. Sept. 1993), als LYODURA erneut in Zusammenhang mit CJK gebracht wurde. Das britische Gesundheitsministerium entzog 1989 Braun-Melsungen die Lizenz für LYODURA wegen Nicht-Vorlage der von der Firma nicht für erforderlich angesehenen weiteren Belege zur Validierung des Prionen-Inaktivierungsverfahrens. In Deutschland verkauft die Firma jedes Jahr weiterhin bis zu 10.000 Implantate. Aus Leichen gewonnene Arzneimittel verursachten bereits mehrfach tödliche Infektionen. Neun Kinder, die vor 1985 mit dem damals noch aus Hirnanhangdrüsen von Leichen hergestellten Wachstumshormon behandelt worden waren, starben später an CJK (vgl. a-t 8 [1989], 75). In Australien erkrankten vier wegen Unfruchtbarkeit mit aus Leichenhypophysen gewonnenen Gonadotropinen behandelte Frauen an CJK. Jetzt sucht die britische Regierung nach den etwa 300 Frauen, die vor 1985 das Hypophysenhormon erhielten (The Independent vom 2. Sept. 1993 / ati d).


© 1993 arznei-telegramm

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