Nach Japan, den USA und Großbritannien wird jetzt auch hierzulande das Immunsuppressivum Tacrolimus (PROGRAF) angeboten. In Kombination
mit Kortikosteroiden soll es nach Leberverpflanzung vor der Abstoßung des fremden Organs schützen.1 Ähnlich wie das chemisch nicht
verwandte Ciclosporin (SANDIMMUN) hemmt das aus Bakterien gewonnene Makrolid die Aktivierung von T-Lymphozyten.2 Steroidresistente
Abstoßungsreaktionen von Lebertransplantaten unter Standardtherapie mit Ciclosporin im Einzelfall als Mittel der letzten Wahl auch von
Nierentransplantaten können mit Tacrolimus behandelt werden.1
KLINISCHE STUDIEN: In Kombination mit niedrigdosiertem Kortikosteroid erzielt Tacrolimus in einer offenen Studie mit mehr als 500 Teilnehmern nach
einem Jahr gleich hohe Überlebensraten der Patienten und Lebertransplantate wie das Standard-Dreifach-Schema aus Ciclosporin plus Azathioprin (IMUREK
u.a.) und Kortikosteroid.3
Zur Anwendung nach Nierenverpflanzung liegen erst wenige Daten vor: Danach scheint Tacrolimus gleich wirksam wie Ciclosporin zu sein.2
In unkontrollierten Studien ließen sich mit Tacrolimus 70% der unter Standardbehandlung gefährdeten Leber- und Nierentransplantate
retten.2
UNERWÜNSCHTE WIRKUNGEN: Wie unter Ciclosporin (vgl. a-t 6 [1990], 56) werden verschlechterte
Nierenfunktion (33-40%), Anstieg des Serum-Kaliums (10-45%), Hyperglykämie (29-47%), Blutschäden und Magen-Darm-Störungen
beobachtet.2,4 Kopfschmerzen (31-64%) und andere neurologische Störungen wie Tremor (40-56%) und Schlafstörungen (29-64%) sind unter
Tacrolimus verbreiteter, während Bluthochdruck unter Ciclosporin häufiger vorkommt. Das neue Immunsuppressivum verursacht häufig
Haarausfall.1,4
Im kontrollierten Vergleich schädigt Tacrolimus Nieren und Nervensystem stärker als Ciclosporin.3 Möglicherweise beruht der Trend zur
Überlegenheit der Neuerung bei Lebertransplantierten lediglich auf einer relativen Überdosierung,5 die dann auch die im Vergleich zu
Ciclosporin hohe Toxizität verständlich erscheinen läßt. Die optimale Dosierung ist nicht bekannt.1
Langzeitfolgen lassen sich nicht überblicken.6 Bis zu 1,5% (Kinder: bis 6%) der Anwender erkranken an lymphoproliferativen
Tumoren.1 Mit erhöhter Gefahr anderer benigner und maligner Tumoren ist zu rechnen.1,4 Serumspiegel und damit die Giftigkeit des wie
Ciclosporin durch Zytochrom P450 IIIa verstoffwechselten Tacrolimus nehmen zu, wenn gleichzeitig Hemmstoffe dieses Enzyms (z.B. Erythromycin [MONOMYCIN
u.a.], Azolantimykotika wie Ketoconazol [NIZORAL] oder Grapefruitsaft) angewendet werden.2
KOSTEN: Die Erhaltungstherapie mit Tacrolimus per os kostet im Monat mit 2316 DM für zweimal 5 mg/Tag das Zweieinhalbfache der Behandlung mit
Ciclosporin (monatlich 902 DM für zweimal 125 mg/Tag).
FAZIT: Das seit April erhältliche Immunsuppressivum Tacrolimus (PROGRAF) schützt in Kombination mit Kortikosteroiden anscheinend ebensogut vor
Abstoßungen von Lebertransplantaten wie das bewährte Ciclosporin (SANDIMMUN)-Schema. Es kann Transplantate vor Abstoßung bewahren,
wenn das Standardregime versagt. Da bei gleichem Wirkmechanismus Nieren und Nervensystem stärker geschädigt werden als durch Ciclosporin,
könnte der tendentielle Wirkvorteil lediglich auf einer relativen Überdosierung der Neuerung beruhen. Wegen ausgeprägter Nephrotoxizität und
geringer Erfahrungen ist die Neuerung bei Nierentransplantation Mittel der letzten Wahl.
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