logo
logo
Die Information für medizinische Fachkreise
Neutral, unabhängig und anzeigenfrei
vorheriger Artikela-t 1996; Nr. 3: 31nächster Artikel
Netzwerk aktuell

Sehstörungen durch Azolantimykotika (z.B. Itraconazol [SEMPERA u.a.]): Ein 54jähriger aus dem Frankfurter Raum nimmt gegen Fußmykose mit Candida nach erfolgloser örtlicher Behandlung das Azolantimykotikum Itraconazol (SEMPERA u.a.). Nach drei Tagen unterbricht er wegen Magen-Darm-Störungen die Einnahme, setzt sie aber gut eine Woche später fort. Fünf Tage danach sieht er mit dem rechten Auge auf einer Uhr die Ziffern sechs und sieben nicht mehr. Ein Augenarzt stellt ein höchstens 14 Tage altes Papillenödem rechts und eine Abblassung des linken Sehnervs fest. Als tags darauf das rechte untere Gesichtsfeld ganz ausfällt und er mit dem Auge sonst nur noch verschwommen sieht, wird Itraconazol abgesetzt. Eine Computertomographie des Schädels ist unauffällig. Durchblutungsstörungen oder eine Entzündung der Hirnnerven lassen sich nicht nachweisen. Hochdosierte Kortikosteroide und später Infusionen von Immunglobulinen können eine rechtsseitige Optikusatrophie nicht verhindern. Er erblindet auf dem rechten Auge nahezu vollständig. Differentialdiagnose: entzündlicher, ischämischer oder toxischer Prozeß. Da Gefäßrisikofaktoren fehlen, beidseits pathologische Augenbefunde und ein klarer zeitlicher Zusammenhang mit der Itraconazol-Medikation bestehen, wird eine medikamentöse Genese in Betracht gezogen (NETZWERK-Bericht 8376). Im SEMPERA-Beipackzettel findet sich ein Hinweis auf in Einzelfällen auftretende periphere Neuropathien. Itraconazol-induzierte Neurotoxizität wird in einer spanischen Veröffentlichung abgehandelt (AZANZA, I. R. et al.: Med. Clin. [Barcelona] 78 [1992], 798). Bremer Hautärztinnen berichten dem NETZWERK über eine 58jährige mit Schwindel, gestörtem Farbensehen und Gesichtsfeldausfällen unter SEMPERA. Die Störwirkungen, die nach Absetzen rasch abklingen, treten nach erneuter Einnahme wieder auf (Bericht 5872). Ödem der Sehnervpapille wird auch in Verbindung mit dem strukturverwandten Ketoconazol (NIZORAL u.a.) beschrieben: Nach viermonatiger Einnahme von täglich 800 mg Ketoconazol gegen Hirsutismus klagt eine 29jährige Türkin über Kopfschmerzen. Ein Augenarzt stellt ein beidseitiges Papillenödem fest, dessen Ursache trotz umfangreicher Untersuchungen unklar bleibt. Ein Vierteljahr nach Absetzen hat sich der Netzhautbefund normalisiert. Unter erneuter zweimonatiger Einnahme entwickelt sich wiederum ein Papillenödem, das sich nach Absetzen innerhalb von vier Monaten komplett zurückbildet. Die Autoren führen die Störung auf einen durch Ketoconazol bedingten Pseudotumor cerebri zurück (OR, M. et al.: Acta Ophthalmol. 71 (1993), 270).


© 1996 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

Diese Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit Genehmigung des arznei-telegramm® gestattet.

vorheriger Artikela-t 1996; Nr. 3: 31nächster Artikel