Nutzen und Risiken von Johanniskraut (ARISTOFORAT 350 u.a.) auf dem Prüfstand: Die bisher veröffentlichten Studien
einschließlich zweier Metaanalysen aus den Jahren 1996 (a-t 1996; Nr. 8: 81) und 1999 (KIM, H.L. et al.: J. Nerv.
Ment. Dis. 1999; 187: 532-8) reichen nicht aus, den Nutzen von Johanniskrautextrakten (JARSIN u.a.) abzusichern. Eine achtwöchige randomisierte
plazebokontrollierte Doppelblindstudie soll nun Überlegenheit gegenüber Plazebo sowie Gleichwertigkeit mit Imipramin (TOFRANIL u.a.) belegen
(PHILIPP, M. et al.: BMJ 1999; 319: 1534-8). Wieder einmal finden sich jedoch die Fehler älterer Untersuchungen: Unter Federführung eines Mitarbeiters
der Firma Steiner wird ungewöhnlich hoch dosiertes Johanniskraut (1.050 mg; das 1,5- bis 3fache der für das Steiner-Präparat ARISTOFORAT 350
empfohlenen Tagesdosis) mit einer unzureichend wirksamen Imipramin-Dosis (100 mg/Tag) verglichen. "Nicht sehr eindrückliche
Überlegenheit" gegen Plazebo (LINDE, K., BERNER, M.: BMJ 1999; 319: 1539), kleine Plazebogruppe (46 [18%] der insgesamt 251 Patienten) sowie
wahrscheinlich unzureichende Verblindung wegen der häufigen Mundtrockenheit als auffällige Störwirkung bei 38% der Imipramin-Verwender
schränken die Aussagekraft der Studie ein. Die Verträglichkeit von Johanniskraut wird zunehmend in Frage gestellt: Das irische Medicine Board will
Johanniskrautzubereitungen verschreibungspflichtig machen. Bei der Behandlung von Depressionen sei medizinische Überwachung erforderlich. Zudem
werden wie bei MAO-Hemmern hypertensive Krisen befürchtet, wenn unter der Behandlung Rotwein oder Käse genossen werden (Pharmac. J. 1999; 263:
844). Aus experimentellen Befunden (CHATTERJEE, S.S. et al.: Life Sciences 1998; 63: 499-510) lassen sich amphetamin- und kokainartige Effekte ableiten.
Zahlreiche Interaktionen, die wahrscheinlich zum Teil auf Induktion CYP-450-abhängiger Enzyme beruhen, sind inzwischen für Johanniskraut
beschrieben: erniedrigte Plasmaspiegel von oralen Antikoagulanzien, Digoxin (LANICOR u.a.), Ciclosporin (SANDIMMUN), Theophyllin (SOLOSIN u.a.) und
trizyklischen Antidepressiva, Durchbruchblutungen unter desogestrelhaltigen Kontrazeptiva (MARVELON u.a.) und Symptome eines Serotoninsyndroms (vgl. a-t 1995; Nr. 5: 55) bei Kombination mit Serotonin-Wiederaufnahmehemmern wie Nefazodon (NEFADAR), Paroxetin
(SEROXAT) oder Sertralin (GLADEM, ZOLOFT). Zwei Wochen Abstand zwischen Einnahme von Johanniskraut und den Antidepressiva erscheint ratsam (ERNST,
E.: Lancet 1999; 354: 2014-5; Pharm. Ztg. 1999; 49: 4011; Intern. Drug Therap. Newsletter 1999; 34: 95). Die dürftigen Angaben in Gebrauchsinformationen
zu den Störwirkungen von Johanniskrautpräparaten spiegeln somit - wie so häufig - nicht die gute Verträglichkeit, sondern die mangelnde
Bereitschaft der Hersteller wider, über Risiken zu informieren, |
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