Seit März ist in Deutschland mit Galantamin (REMINYL) ein weiterer Azetylcholinesterase-Hemmer zur symptomatischen Behandlung bei leichter bis
mäßiger Demenz vom ALZHEIMER-Typ erhältlich. Werbeaussagen wie "Pflanzlicher Ursprung"1 suggerierten Nähe zur
Natur. Der bislang aus Schneeglöckchen gewonnene Wirkstoff soll aber in Zukunft synthetisch hergestellt werden.2
EIGENSCHAFTEN: Galantamin hemmt die Azetylcholinesterase (AChE) und modifiziert präsynaptische nikotinartige Azetylcholin-
Rezeptoren. Dadurch sollen vermehrt Azetylcholin bereitgestellt und ALZHEIMER-bedingte cholinerge Defizite im Gehirn vermindert werden.
WIRKSAMKEIT: In drei veröffentlichten Studien nehmen insgesamt 2.267 gering bis mäßig demente Patienten nach vier- bis
achtwöchiger Aufdosierung bis 6 Monate lang täglich zwischen 8 mg und 32 mg Galantamin oder Plazebo ein.3-5 In einer
Untersuchung5 erhalten alle Teilnehmer anschließend weitere 6 Monate offen 24 mg des Antidementivums.
Kognitive Funktionen, die mit einer 70 Punkte-Skala (ADAS-Cog) bestimmt werden, lassen sich ab täglich 16 mg deutlicher als mit Scheinmedikament
beeinflussen. Welche klinische Relevanz jedoch mittlere Differenzen gegenüber Plazebo von 2,9 bis 3,9 Punkten haben, bleibt fraglich. Die FDA definiert
therapeutisches Ansprechen als Verbesserung des Scores um mindestens 4 Punkte zum Ausgangswert. Danach sprechen unter Galantamin 29% bis 37% der
Patienten an, aber auch bis 20% unter Plazebo. Bis 30% der Patienten scheiden vorzeitig aus. Diese bleiben bei der primären Wirksamkeitsauswertung in zwei
der Studien unberücksichtigt.3,5 Die Daten der offenen Phase5 sind nur unvollständig veröffentlicht und lassen sich daher nicht
beurteilen.
Untersuchungen zur Wirkung auf andere Krankheitsmerkmale wie Beeinträchtigung der Aktivitäten des täglichen Lebens oder Ausmaß der
Behinderung lassen keinen eindeutigen Vorteil von Galantamin erkennen. Eine klare Dosis-Wirkungsbeziehung gibt es nicht. Vergleichsstudien mit anderen AChE-
Hemmern fehlen.
STÖRWIRKUNGEN: Wie bei anderen AChE-Hemmern stehen gastrointestinale Effekte im Vordergrund (vgl. S. 36).
Jeder Dritte klagt über Übelkeit, insbesondere zu Therapiebeginn. Jeder Fünfte erbricht. Auch Durchfall (bis 12%), Appetitlosigkeit (bis 14%),
Gewichtsverlust (bis 12%) und Bauchschmerzen (bis 7%) sowie zentralnervöse Störwirkungen wie Schwindel (bis 14%), Agitation (bis 15%) und Tremor (bis
5%) kommen häufig vor. Bei langsamerer Aufdosierung scheint Galantamin insgesamt besser verträglich zu sein.
DOSIS UND KOSTEN: In Deutschland sind für Galantamin monatlich 305 DM bei zweimal täglich 12 mg aufzuwenden, gleich
viel wie für täglich 10 mg Donepezil (ARICEPT; 306 DM). Bei zweimal täglich 6 mg ist Rivastigmin (EXELON) mit 256 DM pro Monat 16% billiger.
In Österreich ist Donepezil am teuersten (3.300 ATS bei 10 mg/Tag), Galantamin 13% billiger (2.860 ATS bei 24 mg/Tag) und Rivastigmin 28% (2.360
ATS bei 12 mg/Tag).
FAZIT: Für Galantamin (REMINYL) sind weder Wirk- noch Verträglichkeitsvorteile gegenüber den anderen Azetylcholinesterase-Hemmern mit
fragwürdigem Nutzen wie Donepezil (ARICEPT) oder Rivastigmin (EXELON) belegt, -Red.
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