Paukenröhrchen bei chronischer Mittelohrentzündung - rascher Eingriff oder Abwarten? Ein länger bestehender Paukenerguss
kann das Hörvermögen beeinträchtigen. Vor allem bei Kleinkindern werden bleibende Auswirkungen auf Sprachverständnis und -erwerb sowie
die psychosoziale Entwicklung befürchtet. Hieraus folgt die Empfehlung, bei anhaltendem Erguss im Mittelohr ein Paukenröhrchen einzulegen. US-
amerikanische Kinder- und HNO-Ärzte untersuchen jetzt den Effekt einer abwartenden Haltung auf den Entwicklungsstand mit drei Jahren: 429 im Mittel 15
Monate alte Kinder mit seit drei bzw. viereinhalb Monaten bestehendem ein- oder beiseitigem Paukenerguss erhalten entweder sofort einen Drain oder erst nach
sechs bis neun Monaten, sofern dann noch Flüssigkeit im Mittelohr vorhanden ist. Mittelohrstatus und Gehör werden regelmäßig untersucht und
die Zahl der Tage mit Paukenerguss geschätzt. Unter abwartender Therapie lässt sich innerhalb von 12 und 24 Monaten nach Randomisierung
häufiger Flüssigkeit im Mittelohr nachweisen. Auch sind Ergüsse eher mit auffälligem Hörtest verbunden. Dennoch lassen Tests zur
psychosozialen Entwicklung, zum Sprachverständnis, Wortschatz u.a. im Alter von drei Jahren keine Unterschiede zwischen den Gruppen erkennen. Da einige
Entwicklungsstörungen möglicherweise erst später, zum Beispiel im Schulalter, auffallen, sind Studien über einen längeren Zeitraum
erforderlich. Langfristig können Paukenröhrchen die Beweglichkeit des Trommelfells beeinträchtigen und Tympanosklerose verursachen. Wie sich
dies im Erwachsenenalter auswirkt, ist unbekannt. Bei sonst gesunden Kleinkindern mit Paukenerguss und nur mäßig vermindertem
Hörvermögen sind die hypothetischen Entwicklungsstörungen im Schulalter gegen mögliche Risiken, Beinträchtigungen im Alltag (z.B.
beim Schwimmen) und Kosten des Einlegens von Paukenröhrchen abzuwägen (PARADISE, J.L. et al.: N. Engl. J. Med. 2001; 344: 1179-87, PERRIN,
J.M.: ebenda 1241-2).
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